Hass online und offline Amnesty International warnt: Online-Targeting führt in Uganda zu Offline-Attacken
Bereits im Sommer dieses Jahres wurde deutlich, dass gut ein Jahr nach dem neuen Anti-Homosexuellen-Gesetz in Uganda Hetzjagden auf Schwule massiv zugenommen haben – auch online. Ein neuer Bericht von Amnesty International dokumentiert jetzt erstmals detailliert, wie grausam und brutal dabei vorgegangen wird. Die Angriffe gerade auch online haben dabei „drastisch“ zugenommen.
Klima der Straffreiheit
Im Bericht TfGBV wird aufgezeigt, wie gezielt vor allem schwule Männer durch Doxing, Outing, Gewaltandrohung, Erpressung, Hacking und Desinformation attackiert werden. Das Anti-Homosexuellengesetz habe dabei laut dem Menschenrechtsverein ein „Klima der Straffreiheit“ für Angriffe auf homosexuelle Personen geschaffen und sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen dazu gezwungen, ihre Selbstdarstellung und ihren Umgang mit Menschen im Internet erheblich zu ändern.
„Unsere Untersuchung zeigt, dass LGBTI*-Aktivisten und -Organisationen zwar weiterhin digitale Räume in einem sehr feindseligen Umfeld nutzen, dass aber die Stigmatisierung, Gewalt und Diskriminierung, mit der sie in Offline-Räumen konfrontiert sind, sich in digitalen Räumen widerspiegelt und verstärkt“, betont Shreshtha Das, Gender Researcher und Advisor von Amnesty International.
Online-Hass geht ins reale Leben über
Der Hass online habe dabei verheerende Folgen, denn: „Online-Targeting kann zu Offline-Angriffen führen, darunter willkürliche Verhaftungen, Folter und andere Misshandlungen, Zwangsräumungen, Entlassung von der Arbeit, Exposition gegenüber Offline-Gewalt sowie Stress, Angst und Depression.“
Für den Bericht führte Amnesty International in sechs ugandischen Städten und angrenzenden Gebieten insgesamt 64 Interviews mit LGBTI*-Personen und Organisationen durch. Die Untersuchung verdeutliche dabei nicht nur das Versagen der staatlichen Behörden, diese Übergriffe zu verhindern oder dagegen vorzugehen, sondern belege auch ihre aktive Rolle bei der Ermutigung und Duldung dieser Übergriffe, wodurch Schwule schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.
Behörden und Polizei befeuern Hass
Konkret erklärt dazu Marco Perolini, Civic Space Policy Advisor von Amnesty International, weiter: „Anstatt Maßnahmen zur Bekämpfung zu ergreifen, sind die ugandischen Behörden gegen Menschenrechtsverteidiger und -organisationen vorgegangen und haben deren Arbeit in diskriminierender Weise eingeschränkt. Ihre Handlungen kommen einer Hexenjagd gegen diejenigen gleich, die als ´Förderer der Homosexualität´ wahrgenommen werden, was eine abschreckende Wirkung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit hat.“
Der Bericht dokumentiert dabei auch zahlreiche Fälle, in denen die Polizei Geräte oder Daten von Homosexuellen beschlagnahmte, indem sie ihnen mit Verhaftung drohte. Darüber hinaus haben sowohl die Polizei als auch Privatpersonen Social-Media-Plattformen genutzt, um zunächst mit schwulen Männern in Kontakt zu treten und sie dann mit physischer Gewalt und Erpressung anzugreifen. Gerade letzteres entwickele sich dabei wohl immer mehr zu einem Massenphänomen – es scheint leicht, nicht geoutete Menschen zu erpressen.
Angstvolles Schweigen
Die Stimmung wird online auch weiter dadurch angeheizt, dass gerade schwule Männer als „sexuelle Raubtiere“ dargestellt werden. „Heutzutage sind die digitalen Räume, die für LGBTI*-Personen in Uganda so wichtig sind, oft nicht sicherer als die Offline-Räume; sie erleben in beiden Diskriminierung und Gewalt“, erklärt Roland Ebole von Amnesty International. Dazu kommt: Alle Opfer betonten gegenüber der Menschenrechtsorganisation, dass sie die Attacken nicht bei der Polizei melden würden – aus Angst, erneut geoutet, gedemütigt, erpresst oder verhaftet zu werden.