Todeszone Uganda Ein Jahr nach dem Anti-Homosexuellen-Gesetz sind Schwule zu Freiwild geworden - und es wird immer schlimmer
Seit rund einem Jahr gibt es in Uganda das Anti-Homosexuellen-Gesetz, das umgangssprachlich „Kill-the-Gays“ getauft wurde. Es sieht lange Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe für homosexuelle Handlungen vor. Zudem legt das Gesetz fest, dass Schwule und Lesben auch von den eigenen Familienmitgliedern gemeldet werden müssen. Nun wird auch der letzte Zufluchtsort für Schwule im Land, digitale Dating-Apps, immer gefährlicher.
Digitale Jagd auf Schwule
Legitimiert durch die Gesetzgebung des Landes machen in den letzten Monaten homophobe Banden online verstärkt Jagd auf mögliche Homosexuelle, die bisher noch im Land versteckt leben. Oftmals über Monate wird dabei eine vermeintliche Beziehung aufgebaut, bevor es schlussendlich zu einem ersten Treffen kommt – dort allerdings schnappt dann die Falle zu. Anstatt des angedachten Dates erwartet schwule Männer dann immer öfter vor Ort eine Gruppe von gewaltbereiten Männern. Die Motivation dafür ist unterschiedlich und reicht von einfachem Hass auf Schwule bis hin zu kriminellen Absichten. Oftmals werden Homosexuelle so auch zu Schweigegeldzahlungen erpresst.
Todesdrohungen und Erpressungen
Internationale LGBTI*-Verbände dokumentieren aktuell solche Erlebnisse, ein schwuler Mann erzählte so beispielsweise: „Ich wünschte, sie hätten mich erschossen oder ich wäre in einen tödlichen Unfall verwickelt worden, bevor ich dort bei meinem vermeintlichen Date ankam. Sie schlugen mich, bis ich ohnmächtig wurde. Als ich wieder aufwachte, war ich nackt und an Händen und Füßen gefesselt. Ich hatte blaue Flecken und blutete, während sie ein Video von mir aufnahmen und es meiner Familie schickten, nachdem sie mich gezwungen hatten, mein Telefon zu entsperren. Meine Eltern flehten sie an, mich gehen zu lassen, aber sie verlangten drei Millionen Naira (umgerechnet rund 2.500 Euro) und drohten, mich zu töten.“
Da die Eltern die Homosexualität ihres Sohnes akzeptierten, zeigten sich die Täter verärgert und ketteten den jungen Mann geknebelt an eine Säule im Keller fest, bevor sie ihn schließlich gegen eine Zahlung von umgerechnet rund 550 Euro freiließen. Weitere zwei Tage später schickten die Entführer das Video an alle Kontakte, die der junge Homosexuelle auf seinem Handy gespeichert hatte – die Konsequenz war der Verlust seines Jobs und gesellschaftliche Ächtung.
Die Polizei ist keine Hilfe
Einer von immer mehr Fällen, die in Uganda immer weiter um sich greifen. Immer mehr schwule Männer verzichten inzwischen aus Angst komplett darauf, bei entsprechenden Apps online zu gehen. Bisher fand die Kommunikation in der Gay-Community im Land hauptsächlich über Grindr sowie über Tinder, Badoo und Bumble statt. Jene Männer, die erwischt werden, landen dabei immer öfter auch mit schweren Verletzungen im Krankenhaus und leisten über viele Monate lang auch Zahlungen an die Kriminellen.
Wie aussichtslos die Situation ist, berichtet ein weiterer Mann. Nachdem ein Nachbar ihn aus den Händen der Erpresser entriss und ihn schwer verletzt ins Krankenhaus brachte, wurde die Polizei alarmiert. Anstatt aber die Kriminellen festzunehmen, erzwangen die Polizisten Schweigegeld von ihm.
Erpressung von Schwulen ist beliebt
Die Methode, Homosexuelle zu erpressen, hat inzwischen bereits einen Namen und wird als „Kito“ bezeichnet. Uganda dient dabei immer mehr Ländern in Afrika als Vorbild, auch in Nigeria oder Ghana greift die Masche immer weiter um sich. TIERs (The Initiative for Equal Rights) berichtete in Zusammenarbeit mit 22 anderen Menschenrechtsgruppen in ganz Nigeria, dass etwa 70 Prozent der rund eintausend Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle im Jahr 2023 bereits Kito-Fälle waren. Ähnlich hoch dürfte die Quote auch in anderen Ländern wie Uganda sein. Selbst Schutzfunktionen einiger App-Betreiber, wie die Sperrung von Screenshots oder die Verschleierung der Standortangabe, bietet Schwulen in Uganda und anderenorts in Afrika nur noch wenig Schutz, so die LGBTI*-Experten vor Ort weiter. Laut der Rechtshilfeorganisation Convening for Equality (CFE) ist es bisher zudem bereit zu mehr als 1.200 dokumentierten Fällen von Folter gekommen.
Homophobe Hetze in den Medien
Dazu kommt, dass Homosexuelle auch von den Medien im Stich gelassen werden – berichten diese über einen Kito-Fall, werden oftmals die Fakten so verdreht, dass die Schwulen zu den Tätern werden. Sehr gerne ist dann die Rede von einer „Bande bösartiger Homosexueller“, die ihre männlichen Opfer erpressen oder vergewaltigen wollte.
Auch das trägt zusätzlich zur gewaltbereiten Radikalisierung bei, die sich in der gesamten Gesellschaft immer mehr ausbreitet und Homosexuelle zu Freiwild werden lässt. Immer wieder werden jüngst sogar Fälle festgehalten, in denen Männer inzwischen auch tagsüber auf offener Straße oder in einem Bus beinahe zu Tode geprügelt werden, nur weil sie „irgendwie schwul“ aussehen oder eine „verdächtige Geste“ machten – auch dann, wenn die Opfer heterosexuell waren. Selbst eine Flucht ist für viele tatsächlich schwulen Männern beinahe unmöglich geworden. Sie verlieren ihre Jobs, werden oftmals von der eigenen Familie diskreditiert oder direkt rausgeworfen und landen mittellos auf der Straße. Uganda sowie immer mehr Teile Afrikas werden so schrittweise zur Todeszone für alle Homosexuellen.