Extremer Hass ProSieben löschte tausende Kommentare und erstattet Strafanzeige nach Klum-Show
Um die zuletzt schwächelnden Quoten des Formats „Germany´s Next Topmodel“ wieder anzukurbeln, waren in diesem Jahr erstmals auch Jungs zu der Modelshow von Heidi Klum eingeladen worden, darunter auch mehrere LGBTI*-Männer. Das neue Konzept ging auf, im Durchschnitt schalteten 1,62 Millionen Zuschauer ein – die neue Ausrichtung sorgte allerdings auch für eine noch nie dagewesene Welle von Hasskommentaren, die zumeist extrem homophob waren.
Rund 40.000 Hass-Kommentare
Gegenüber dem Medienportal DWDL erklärten Vertreter von ProSieben jetzt, dass es im Verlauf der Staffel mehr als 285.000 Kommentare zur Show in den sozialen Netzwerken gegeben habe – eine Steigerung um rund 27 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren. Soweit die gute Nachricht. Rund 40.000 Kommentare davon musste der Sender allerdings ausblenden beziehungsweise löschen, da es sich dabei eindeutig um extreme Hasskommentare gehandelt habe. Allein am Finaltag wurden über 3.000 Postings entfernt.
Mordaufrufe gegen LGBTI*-Männer-Models
Im Mittelpunkt der Angriffe standen dabei vor allem die männlichen LGBTI*-Models. Die Kommentare reichten von „Schlachtet solche Leute ab“ bis hin zu „Um Gottes Willen, sowas gehört nach Buchenwald“. Immer wieder kam es auch zu extremen Mordaufrufen, auch hier in erster Linie gegen die männlichen Teilnehmer der Show. Ein Großteil der problematischen Kommentare hatte zudem einen NS-Bezug.
Dutzende Strafanzeigen
Das dafür zuständige fünfköpfige Audience Relations Team von ProSiebenSat.1 erklärte gegenüber DWDL, es handele sich hierbei um eine „neue Qualität von Social-Media-Hass“, die Stimmung online sei „krass anders“ gewesen. Dabei betont das Team auch, dass es inzwischen nicht mehr ausreiche, solche Tweets zu löschen, vielerorts müsse man auch moderativ eingreifen. Zudem erfüllen einige Posts auch eindeutig einen Straftatbestand, insgesamt 40 Kommentare wurden bei der Staatsanwaltschaft München zur Anzeige gebracht. Im letzten Jahr wurde gerade einmal ein Kommentar strafrechtlich verfolgt, die Jahre zuvor war es kein einziger.
Unternehmenssprecherin Stefanie Rupp-Menedetter erklärt dazu: „Verächtliche Kommentare sind leider mittlerweile Alltag auf Social Media – doch diese Menge an Hasskommentaren hat ein absurdes Level erreicht. Uns als Medienkonzern kommt da eine besondere Aufgabe zu und genau deshalb managen wir aktiv diese Accounts und bringen strafrechtliche Kommentare zur Anzeige. Solche Taten müssen auch Konsequenzen haben.“
Schwule Kandidaten – ein Problem?
Sieben Männer der insgesamt vierzig Kandidaten definierten sich selbst als schwul oder queer, dazu kam eine Trans-Teilnehmerin. Ein Highlight vieler schwuler Zuschauer blieb dabei das berühmte Nackt-Shooting während der Show. Der 20-jährige Dominik bezeichnet sich selbst als genderfluid und verabschiedete sich aus der Show mit einem bewegenden Appell an alle LGBTI*-Jugendlichen: „An alle, die gesagt bekommen, sie sind zu feminin, sie sind zu schwul, sie sind viel zu viel. Wenn ihr Lust habt, irgend'nen Rock zu tragen, irgendwelche Schuhe oder ein verdammtes bauchfreies Oberteil, macht es einfach, weil mir hat's so, so viel gebracht.“