Direkt zum Inhalt
Ein Pride in Malawi?

Ein Pride in Malawi? Ein Gay-Aktivist plant das erste große Pride-Event, um Homosexualität im Land endlich zu entkriminalisieren

ms - 20.06.2024 - 14:00 Uhr
Loading audio player...

Seit über einem Jahrzehnt wird in dem ostafrikanischen Land Malawi darüber diskutiert, ob Homosexualität legalisiert werden soll – schwule Einheimische befürchten, dass durch immer neue Anti-Homosexuellen-Gesetze wie in Uganda die Zeit auch in Malawi wieder zurückgedreht werden soll. Könnte das allererste große Pride-Event da vielleicht ein positives Umdenken bewirken?

14 Jahre Haft für Schwule

Bereits im Dezember 2011 hatte Justizminister Ephraim Chiume erklärt, dass Gesetze zur Strafbarkeit homosexueller Handlungen aufgehoben werden sollten, immer mal wieder wurden die Paragrafen auch formal eingefroren, zuletzt im Jahr 2015. Abgeschafft sind die Gesetze allerdings bis heute nicht und sehen im Grundsatz Haftstrafen für schwule Männer von bis zu 14 Jahren vor. Lesbischer Sex indes ist straffrei. 

Schwule sind Freiwild

Die ewige Hinhaltetaktik im Kampf um mehr Rechte sorgt im Land zudem dafür, dass vor allem homosexuelle Männer bis heute im Zentrum von verbalen und physischen Angriffen stehen. „Hier in Malawi gilt es als Verbrechen, schwul zu sein. Aus diesem Grund werden wir von unseren Mitmenschen schikaniert, aus der Schule geworfen, bekommen keine Wohnung, werden abgewiesen und sind von noch viel Schlimmerem bedroht“, so Gay-Aktivist Eric Sambisa, Mitbegründer der Nyasa Rainbow Alliance. 

Der Afrikaner kämpft bereits seit über einem Jahrzehnt für die schwule Gemeinschaft vor Ort und outete sich dafür sogar im nationalen Fernsehen als homosexuell – seitdem wird sein Leben immer wieder direkt wie indirekt mit dem Tode bedroht. Einschüchtern lassen will sich Sambisa nicht, im Gegenteil sogar, er plant den allerersten großen CSD in Malawi. „Für mich bedeutet Freiheit, dass ich frei als die Person leben kann, die ich wirklich bin. Wenn deine Existenz verleugnet und kriminalisiert wird, hast du am Ende das Gefühl, dass du nicht wichtig bist. Als ob du unsichtbar wärst.“

Akzeptanz für einen Tag im Jahr

Bereits vor drei Jahren gelang es ihm so, einen ersten kleinen Pride-Marsch zu organisieren. Das Ziel damals war klar gesteckt, es sollte ein sicherer Raum für Homosexuelle entstehen, um zusammenzukommen und der malawischen Bevölkerung zu zeigen, dass „wir überhaupt existieren und Würde und Respekt verdienen.“ 

Nun plant Sambisa eine richtige Pride-Veranstaltung und sammelt dafür aktuell auch Spenden. „Für uns ist der Pride mehr als nur eine Feier. Es ist eine Chance, aus dem Schatten zu treten, stolz in der Gemeinschaft zu stehen und zumindest für einen Tag im Jahr Akzeptanz zu spüren.“ Zudem sind die Hoffnungen groß, so endlich die langsamen Mühlen der Justiz von neuem zu bewegen und eine positive Änderung herbeiführen zu können – jenseits von all dem homophoben Hass, der in immer mehr Regionen Afrikas derzeit um sich greift

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Schwule Männer in Haft

Imam ließ vier Männer verhaften

Vier Männer wurden in Kamerun verhaftet, weil sie einen Schwulenfilm gesehen haben sollen. Beweise gibt es keine, nur die Aussage des Imams.
100 Tage neue Bundesregierung

LSVD+ zieht erste Bilanz

"Die Regierung Merz muss Verantwortung für queere Menschen übernehmen!“, fordert der LSVD+ nach 100 Tagen neuer Bundesregierung.
Verbote für Jugendliche

Kein Handy, kein Social Media?

Die Debatte um Medienverbote für Jugendliche geht weiter, queere Verbände befürchten eine Isolation. Ist ein Handy- & Social-Media-Verbot die Lösung?
Regenbogenfamilien im Fokus

Stiefkindadoption als Zerreißprobe

60 Prozent der deutschen Regenbogenfamilien machten negative Erfahrungen bei der Stiefkindadoption, besonders mit Jugendämtern und Richtern.
Keine queere Jugend mehr?

Anteil junger Menschen nimmt ab

22 Prozent der Gen-Z definiert sich als LGBTIQ+. Gleichzeitig gibt es immer weniger junge deutsche Menschen, sie machen nur 10 % der Bevölkerung aus.
Eklat um Pete Hegseth

Befürwortung des Ehe-Verbots

Eklat um X-Post von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth: Darin fordern Pastoren das Verbot von Homosexualität und kein Wahlrecht für Frauen.
Meilenstein in Litauen

Lesbisches Paar siegt vor Gericht

In Litauen hat ein Gericht jetzt erstmals eine lesbische Lebensgemeinschaft als Partnerschaft offiziell anerkannt. Nun muss die Regierung nachziehen.
Essstörungen in der Community

Generation Z besonders betroffen

Essstörungen sind besonders stark unter der jungen Gen-Z ausgeprägt – und dabei doppelt so stark bei jungen LGBTIQ+-Menschen.
Stockschläge in Indonesien

Zwei schwule Studenten verurteilt

Erneut macht Indonesien mit seiner rigiden Anti-Homosexuellen-Politik von sich reden. Jetzt wurden zwei Studenten zu 80 Stockschlägen verurteilt.