Direkt zum Inhalt
Die Angst wächst

Die Angst wächst Welche Folgen haben Neuwahlen für LGBTI*-Menschen in Frankreich?

ms - 12.06.2024 - 11:00 Uhr
Loading audio player...

Die Angst geht um in der LGBTI*-Community in Frankreich – nach dem großen Erfolg des rechtsnationalen Rassemblement National (RN) bei der Europawahl am vergangenen Sonntag hatte Staatspräsident Emmanuel Macron (46) noch am Wahlabend Neuwahlen für Ende Juni ausgerufen – während RN rund 31,3 Prozent der Stimmen gewinnen konnte, war das Bündnis um Präsident Macron gerade einmal auf knapp 14,6 Prozent gekommen. 

Wie gefährdet sind LGBTI*-Rechte?

Die Frage, die nun im Raum steht, ist: Wie werden die Franzosen in knapp drei Wochen erneut wählen? Wird das Ergebnis ähnlich dem bei der Europawahl sein oder machen die Bürger doch einen Unterschied zwischen ihrer Heimat und ganz Europa? Für die französische LGBTI*-Community stellt sich in diesen Tagen zudem die bange Frage, ob rechtliche Errungenschaften gefährdet sein könnten, wenn wie zuletzt rechte und rechtsextreme Kräfte im Land an Macht gewinnen. Nach Angaben des britischen Telegraph wolle Macron mit dieser gewagten Aktion den Rechtsnationalen eine Falle stellen und dafür sorgen, dass sie sich selbst entzaubern. Ob das wirklich gelingt, bleibt offen. 

RN mit Marine Le Pen (55) kündigte indes bereits an, sie wolle bei der anstehenden Neuwahl mit anderen rechten Kräften zusammenarbeiten. Kurzfristig fand zunächst ein erstes Treffen mit Le Pen, Parteichef Jordan Bardella (28) und der Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Reconquête, Marion Maréchal (34), statt - hier kam es allerdings aber offenbar bisher zu keiner Einigung. An anderer Stelle hingegen steht die Zusammenarbeit bereits, Bardella kündigte so jetzt ein Bündnis zusammen mit den konservativen Republikanern an. Das Ziel ist klar gesteckt: Die Rechtspopulisten wollen die Regierung und das Amt des Premierministers übernehmen. 

LGBTI*-Verbände warnen vor Le Pen

Mehrere LGBTI*-Verbände in Frankreich warnten inzwischen bereits deutlich vor einem Erstarken von rechtsextremen Parteien in der französischen Nationalversammlung, auch wenn Le Pen selbst zuletzt mildere Töne angeschlagen hatte. Vielen Homosexuellen sind allerdings noch immer die Aussagen von Le Pen sehr gegenwärtig, als sie sich klar gegen die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen hatte und versprach, diese rückgängig machen zu wollen. Zuletzt hatte Le Pen zwar erklärt, dies nun doch nicht mehr tun zu wollen, doch die Skepsis unter der Gay-Community bleibt groß. 

Immer wieder sprach sie sich auch gegen die Gleichberechtigung von queeren Menschen oder ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare aus. Bis heute pflegt die 55-Jährige außerdem enge Kontakte zu Vladimir Putin und Viktor Orban, beide sind erklärte Feinde von Schwulen und Lesben. Zudem befürchten LGBTI*-Aktivisten, dass durch mehr Einfluss von rechten Kräften in der Nationalversammlung auch die Hasskriminalität gegenüber Homosexuelle und queere Menschen im Land weiter zunehmen wird, sie in gewisser Weise eine Legitimation erfährt – zuletzt waren die Fälle binnen eines Jahres um 13 Prozent auf über offiziell 4.500 Taten angestiegen. 

Verliert die Mitte an Macht?

Aktuell hat Macrons Parteienbündnis noch 250 Sitze von insgesamt 577, die Partei RN kommt auf 88. Verschiebt sich das Mächteverhältnis massiv zu Gunsten rechter Kräfte, könnte Macron gezwungen sein, einen neuen Premierminister zu ernennen. Erst im Januar dieses Jahres wurde der schwule Gabriel Attal (34) der neue Premierminister Frankreichs, umjubelt von der schwul-lesbischen Community. 

Macron selbst kann noch drei Jahre im Amt bleiben, seine Arbeit als Staatspräsident würde durch einen starken RN aber nicht leichter werden, besonders innenpolitisch hätte Macron deutlich weniger Einfluss auf die Politik. Die nächsten Präsidentschaftswahlen sind 2027 geplant.  

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.