Quo vadis Regenbogenfamilien? LSVD fordert mehr Engagement von der Bundesregierung
Wie sieht es eigentlich mit den versprochenen rechtlichen Reformen für Regenbogenfamilien in Deutschland aus? In knapp eineinhalb Jahren wählt Deutschland bereits eine neue Bundesregierung, nicht mehr allzu viel Zeit für die Ampel, angedachte Gesetze umzusetzen. Der Lesben- und Schwulenverband LSVD fordert daher jetzt mehr Einsatz für Familien mit homosexuellen Eltern.
Rechtliche Lücke für Regenbogenfamilien
In dieser Woche erst hat der Internationale Regenbogenfamilientag zum bereits zwölften Mal auf die Vielfalt von Familien hingewiesen und erneut auf bestehende Diskriminierungen aufmerksam gemacht. Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand dazu: „Kinder wachsen seit vielen Jahren in verschiedensten Familienkonstellationen auf. Entsprechen diese jedoch nicht der Normvorstellung einer Frau-Mann-Familie, sind die Kinder rechtlich schlechter gestellt. Obwohl die Ehe bereits vor sieben Jahren geöffnet wurde, klafft eine Lücke bei der Anerkennung von Regenbogenfamilien, die vor allem Kinder benachteiligt. Das Recht an die gelebte Familienvielfalt unter anderem durch eine Reform des Abstammungsrechts anzupassen, ist lange überfällig.“
In diesem Zusammenhang verweist Dörr auf die nach wie vor gravierende Diskriminierung von LGBTI*-Familien im Abstammungsrecht: „Ein Kind, das in die Ehe von einer Frau und einem Mann hineingeboren wird, hat automatisch und unabhängig von der genetischen Verwandtschaft zum rechtlichen Vater zwei rechtliche Elternteile. Dies gilt nicht für Kinder queerer Eltern. Immer noch hat ein Kind, das in die Ehe von zwei Frauen hineingeboren wird, weiterhin nur einen rechtlichen Elternteil. Die erforderliche Stiefkindadoption diskriminiert queere Elternkonstellationen und die Kinder, die in ihnen aufwachsen.“
Rechte von queeren Eltern
Noch gravierender sei dabei die Lage Trans-, nicht-binärer und intergeschlechtlicher Eltern: „Sie werden nicht oder nur unter Verletzung ihrer geschlechtlichen Identität als rechtliche Eltern anerkannt. Über den Reformbedarf dieser Rechtslage herrscht seit Jahren Einigkeit. Im Januar wurden Eckpunkte für die Reform des Abstammungsrechts vorgelegt. Wir fordern, dass die Kritik an den Eckpunkten einbezogen und nun zügig ein Gesetzesentwurf vorgelegt wird! Dabei muss sowohl eine hinreichende Rückwirkung als auch eine kohärente Regelung für trans- und nicht-binäre Eltern beachtet werden.“
LSVD spricht sich für Mehrelternschaften aus
Ein weiteres Problemfeld laut Dörr ist die gelebte Familienrealität, in der Kinder mit mehr als zwei Eltern aufwachsen: „Nun hat auch das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 06.04.2024 aufgezeigt, dass es rechtlich mehr als zwei Elternpositionen geben kann (…) Mehreltern setzen sich sehr bewusst mit ihrer Familiengründung und den daraus folgenden Rechten und Pflichten auseinander. Das Argument, dass mehr Eltern zu mehr Konflikten führen, widerspricht den Erfahrungen aus der Praxis ohnehin bereits gelebter einvernehmlicher Mehrelternschaften. Allerdings verringert die fehlende rechtliche Regelung Konflikte nicht. Der LSVD spricht sich daher für die rechtliche Regelung einvernehmlich gewollter Mehrelternschaften aus.“
Es gibt noch viel zu tun
Abschließend hält Dörr so fest: „Zur rechtlichen Gleichstellung von Regenbogenfamilien gibt es noch viel zu tun, wie den diskriminierungsfreien Zugang zu reproduktionsmedizinischen Leistungen und die Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen sicherzustellen. Das Versprechen des queerpolitischen Aufbruchs muss die Regierung nun gegenüber queeren Familien und vor allem ihren Kindern einlösen, denn: Jedes Kind sollte unabhängig von der geschlechtlichen oder sexuellen Identität seiner Eltern von Geburt an rechtlich abgesichert sein.“