Selbstbestimmungsgesetz Parlamentarische Mehrheit fordert Streichung des Gesetzvorhabens
Als nächstes Land nach Schweden oder Großbritannien vollziehen nun auch die Niederlande final eine 180-Grad-Wende beim Selbstbestimmungsgesetz. Nach Auskunft der niederländischen Zeitung AD „hing das Transgender-Gesetz bereits am seidenen Faden“, nun soll das Gesetz komplett gestrichen werden.
Sinneswandel in der Regierung
Bereits im Herbst 2022 war es in der liberal-konservativen Regierungspartei VVD zu einer ersten Neubewertung gekommen, nachdem die Partei selbst die angedachte Gesetzesänderung 2020 vorgelegt hatte. Dem Sinneswandel war eine Erklärung des Arztes Thomas Steensma vom „Zentrum für Gender-Dysphorie“ an der Amsterdamer Universitätsklink vorausgegangen.
Steensma hatte darin bekräftigt, dass von vielen Befürwortern seine eigene Studie aus dem Jahr 2006 dafür verwendet wird, Pubertätsblocker bei Kindern zu legitimieren. Dabei, betonte der Fachmann, sei seine Studie mit Probanden, die schon als Kleinkinder unter Geschlechtsdysphorie litten, keineswegs mit den Minderjährigen heutzutage und deren Wunsch nach Transition zu vergleichen. Sein Appell: „Hört auf, unsere Forschung blindlings zu übernehmen!“
Mehrheit fordert finale Streichung
Seitdem war das Gesetzesvorhaben auf Eis gelegt. Die Partei NSC mobilisierte deswegen jetzt in diesen Tagen nach Angaben von AD eine parlamentarische Mehrheit, um das Gesetz nun gänzlich streichen zu lassen. Die einstmalige Unterstützung der niederländischen Variante des Selbstbestimmungsgesetzes bezeichnete die NSC-Abgeordnete Nicolien van Vroonhoven als „Fehler“ ihrer Partei.
Die angedachte Gesetzesänderung zum juristisch vereinfachten Geschlechtswechsel galt spätestens seit 2022 als stark umstritten, seit den letzten Parlamentswahlen Ende 2023 gibt es zudem auch keine parlamentarische Mehrheit mehr dafür. Sieben andere Parteien haben inzwischen ebenso bekräftigt, gegen das Gesetzesvorhaben zu stimmen. Die NSC-Abgeordnete van Vroonhoven hat deswegen nun das niederländische Kabinett gebeten, den Änderungsantrag komplett zurückzuziehen, sodass das Gesetzesvorhaben dauerhaft vom Tisch ist. Folgt das Kabinett dieser Aufforderung nicht, wollen die acht Parteien einen gemeinsamen Antrag zur Streichung vorbringen und eine Entscheidung des Kabinetts erzwingen. Mit insgesamt 79 Sitzen hat das Parteienbündnis eine Mehrheit im Parlament.
„Es sollte nicht zu einfach sein“
Die Gesetzesänderungen sah ähnlich wie beim angedachten Selbstbestimmungsgesetz in Deutschland vor, dass Menschen ab dem 16. Lebensjahr ohne eine medizinische oder psychologische Begutachtung ihren Personenstand einfach per Sprechakt ändern können. Van Vroonhoven betonte dazu: „Wir sind absolut nicht gegen eine Geschlechtsumwandlung. Aber es sollte auch nicht zu einfach sein. Es gibt echte Risiken für die Sicherheit von Frauen. In England zum Beispiel sieht man, wie Männer plötzlich Zugang zu Frauengefängnissen erhalten. Das sollten wir nicht wollen.“
Die wenigen verbliebenen Befürworter der angedachten Gesetzesänderung im Parlament sprechen indes weiter von „Geistergeschichten“ der Kritiker, die Abgeordnetenkammer würde mit der Streichung des Gesetzvorhabens das „Streben nach individueller Freiheit“ in den Niederlanden aufgeben.