Druck in Indien Gay-Aktivisten und LGBTI*-Gruppen verstärken nach Gerichtsurteil den Druck aufs Parlament
Im Oktober dieses Jahres stimmte das Oberste Gericht Indiens gegen das Recht auf eine gleichgeschlechtliche Ehe – ein zunächst herber Rückschlag im Kampf um Gleichberechtigung für die Gay-Community des Landes. Jetzt formiert sich Widerstand.
Parlament muss handeln
In einer Petition zusammen mit der LGBTI*-Organisation All-Out fordern Homosexuelle in Indien nun die Gleichstellung der Ehe sowie weitere LGBTI*-Rechte ein. Die Chancen sind nicht gänzlich unbegründet, wenngleich das indische Parlament bisher zwar diese Forderungen stets zurückwies, doch das Oberste Gericht andererseits klarstellte, dass die Regierung homosexuelle Beziehungen nicht weiter diskriminieren dürfe. Die Richter entschieden sich so nur deswegen gegen eine Eheöffnung für Schwule und Lesben, weil sie den Zuständigkeitsbereich beim Parlament sehen, nicht beim Gerichtshof selbst.
Es geht um grundlegende Menschenrechte
Die Kernforderung ist also klar: Das indische Parlament muss nun endlich mit der Diskriminierung von Homosexuellen aufhören und zwar ohne weitere Verzögerungen, denn noch immer leben viele Schwule und Lesben im Land in einer „Welt der rechtlichen Unsichtbarkeit“. Und weiter: „Ohne die Gleichstellung der Ehe stehen sie vor gewaltigen Herausforderungen: Keine rechtliche Anerkennung ihrer Beziehung, kein Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen, die ihre Partner betreffen, und kein rechtlicher Schutz ihres gemeinsamen Vermögens. In diesem Kampf geht es nicht nur um die Ehe, sondern auch um Würde, Gleichstellung und grundlegende Menschenrechte.“
Umfassende Gleichberechtigung gefordert
Dabei sind sich die indischen Gay-Aktivisten sicher darin, dass ein Sieg auch eine „Welle der Veränderung“ in ganz Asien bewirken könne – nach ihrem Wunsch soll Indien das 35. Land der Welt sein, das eine gleichgeschlechtliche Ehe einführt. Damit einhergehend soll es Homosexuellen dann künftig auch möglich sein, Kinder zu adoptieren, Eigentum zu erben und die gleichen finanziellen Leistungen wie alle anderen zu erhalten. Dazu soll künftig überdies die Möglichkeit existieren, seinen gleichgeschlechtlichen Partner auch bei medizinischen und rechtlichen Fragen gleichwertig an seiner Seite zu haben. Zuletzt fordert die Petition auch die Diskriminierung von LGBTI*-Paaren in allen rechtlichen, sozialen und öffentlichen Bereichen zu beenden und unter Strafe zu stellen.
Sonderstellung der Ehe in Indien
Dabei verweisen die Aktivisten auch auf einen weiteren Sonderfall in Indien, denn im Land gibt es nebst der religiösen auch die zivile Eheschließung – letztere fällt unter das sogenannte „Sonderheiratsgesetz“ und ermöglicht es allen Menschen unabhängig von ihrer Religion heiraten zu dürfen. Genau dieses Sonderheiratsgesetz wäre daher auch ein guter Ausgangspunkt, um auch Homosexuellen nun die Ehe zu erlauben.
Der Druck auf die indische Regierung indes wächst auch seitens des Obersten Gerichtshofes weiter, welches das Parlament jetzt dazu aufgefordert hat, einen „Sonderausschuss“ zu bilden, der sich für mehr Rechte von LGBTI*-Menschen einsetzen soll. Dabei muss die Regierung darauf achten, dass ausreichend LGBTI*-Menschen im Ausschuss sitzen, so die Richter weiter. Derzeit erkennt Indien weder gleichgeschlechtliche Ehen noch Lebenspartnerschaften rechtlich an. Heterosexuelle Trans- und intersexuelle Menschen können indes nach den geltenden Gesetzen heiraten.
Zuletzt versuchten LGBTI*-Aktivisten beim Pride in Neu-Delhi am vergangenen Wochenende ihren Forderungen erneut mehr Nachdruck zu verleihen – rund 2.000 Menschen marschierten dabei durch die Straßen der indischen Hauptstadt.