Neue Kritik an Grindr Hat der schwule Dating-Anbieter seine Mitarbeiter ausgebeutet?
Der Dating-App-Anbieter Grindr kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht raus – immer wieder flammte in den letzten Jahren der Vorwurf auf, das Unternehmen schütze seine schwulen Kunden nicht ausreichend in jenen Ländern, in denen Homosexualität noch unter Strafe steht und würde unrechtmäßig mit personenbezogenen Daten umgehen. Mitte September dieses Jahres wurde dann rund die Hälfte der Belegschaft gekündigt – nun offenbart ein Fachbericht ein düsteres Bild von den angeblichen Arbeitsbedingungen beim beliebten Dating-Portal für schwule Männer.
Angstzustände und Depressionen
Das Bureau of Investigative Journalism (TBIJ) veröffentlichte einen ausführlichen Bericht, in dem aufgezeigt wird, dass Mitarbeiter von Grindr, Bumble und der Match Group (Hinge / Tinder) häufig unter schweren psychischen Problemen leiden sollen, die auf die schweren Arbeitsbedingungen zurückzuführen seien. Viele Mitarbeiter würden demnach unter Angstzuständen, Depressionen und post-traumatischen Belastungsstörungen leiden, ein Angestellter soll sogar mehrfach versucht haben, Suizid zu begehen.
Nach Recherche von TBIJ, welches rund vierzig Mitarbeiter befragte, soll ein Großteil der psychischen Probleme dabei auf eine niedrige Bezahlung sowie „unangemessene“ Zielvorgaben zurückzuführen seien. So sollen beispielsweise Mitarbeiter, die für die Sperrung einzelner Profile zuständig sind, für ihre Entscheidungsfindung nur eine Minute oder weniger zur Verfügung gehabt haben.
Niedrige Bezahlung?
Die Moderation der Inhalte wird von Grindr größtenteils an Partnerorganisationen ausgelagert, eine davon ist PartnerHero, die wiederum Menschen aus Honduras mit einem Monatsgehalt von durchschnittlich 700 US-Dollar dafür eingestellt haben soll. Generell soll es dabei zu wenig Mitarbeiter für zu viel Arbeit gegeben haben, bemängelten demnach einige Befragte. Man habe immer mehr versucht, das Team zu verkleinern und gleichzeitig die Produktivitätsziele zu steigern, so eine Mitarbeiterin. Zusätzlicher Druck soll mit einem internen Bewertungssystem aufgebaut worden sein.
Keine ausreichende psychische Unterstützung?
Auch soll den Angestellten von Grindr offenbar nicht ausreichend psychische Betreuung angeboten worden sein, gerade wenn sie sich als Moderatoren mit verstörenden Fällen beispielsweise von sexuellem Kindesmissbrauch, homophoben Angriffen oder häuslicher Gewalt konfrontiert sahen. Fast alle ehemaligen Grindr-Moderatoren, mit denen TBIJ gesprochen hat, sollen unter emotionalen Stress und psychischen Problemen gelitten haben.
In einer ersten Erklärung teilte PartnerHero indes mit, dass alle Mitarbeiter des Grindr-Teams in Honduras eine medizinische und psychologische Betreuung erhalten und Zugang zu einem Hilfsprogramm für Mitarbeiter haben, das auch für Moderatoren angeboten wird.