Homosexuelle Segnungen Halbherzig und zähneknirschend will die Kirche von England besondere Gottesdienste für Schwule und Lesben zulassen – aus Zwang, nicht aus Einsicht.
In der Not frisst der Teufel Fliegen, sagt man. Ähnlich bitter muss es jetzt für die Kirche von England gewesen sein, in den kommenden Wochen erstmals wahrscheinlich Segnungen von Homosexuellen zuzulassen. Mit einer knappen Mehrheit von nur einer Stimme votierte das Leitungsgremium der Kirche jetzt dafür, unterstützt von der Generalsynode.
Zähneknirschende Zustimmung
Der Schritt ist keineswegs freiwillig gewählt, sondern die letztmögliche zähneknirschende Wahl, nachdem die britische Regierung der Weltkirche mit 80 Millionen Mitgliedern angedroht hatte, die kirchlichen Sonderrechte zu entziehen, sollten sie Schwule und Lesben nicht gleichstellen. Würden diese Sonderrechte gestrichen werden, müsste sich die Kirche zudem wie jede andere Organisation den Anti-Diskriminierungsrichtlinien im Vereinigten Königreich beugen, die erneut die Gleichstellung von Homosexuellen festlegen.
Ein Ausweg für die Kirche gab es nicht – trotzdem war bereits im Vorfeld die Kritik an schwul-lesbischen Segnungen sehr groß, gerade in stark ausgeprägten Kirchen in Afrika ist der Widerstand besonders laut, immer wieder ist die Rede von einer Spaltung der Kirche selbst. Alle anderen Änderungsantrage, die mehr Rechte für Homosexuelle vorgesehen hatten, wurden strikt abgelehnt. Der Kampf zwischen Progressiven und Traditionalisten geht also weiter.
Schwule Segnungen bei „experimentellen“ Gottesdiensten
Die Kirche von England versucht einmal mehr dabei trotzdem die Quadratur des Kreises, denn natürlich sind die homosexuellen Segnungen nicht in einen regulären Gottesdienst eingebettet, sondern sollen nur probeweise und nur bei eigenständigen Gottesdiensten einmal wöchentlich am Samstag angeboten werden. Zudem bekräftigte der Bischof von Oxford, Steven Croft, dass die „experimentellen“ eigenständigen Gottesdienste freiwillig seien, kein Mitglied des Klerus sei dazu verpflichtet, solche Dienste anzubieten.
Während das Oberhaupt der Kirche, der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, versuchte, das bittere Zugeständnis positiv zu verkaufen, erklärte seine Kollegin, die Bischöfin von London, Sarah Mullally: „Die Wahrheit ist – und das haben wir heute wieder gesehen –, dass die Kirche von England in Fragen der Sexualität und der Ehe nicht einer Meinung ist.“
Kirche bleibt zutiefst homophob
Deutlichere Worte fand LGBTI*-Aktivistin Jayne Ozanne, die sich innerhalb der Kirche für die Gleichstellung der Ehe einsetzt – die Entscheidung biete zwar „einen winzigen Hoffnungsschimmer für LGBTI*-Menschen“, aber: „Die Kirche bleibt zutiefst homophob, was auch immer Bischöfe und Erzbischöfe sagen mögen. Ich fürchte, dass ein Großteil der Nation die Kirche als missbräuchlich, heuchlerisch und lieblos beurteilen wird - und damit haben sie leider recht.“
Auch innerhalb der Kirche gibt es allerdings bedauern über die halbherzige Entscheidung. Pfarrer John Dunnett, nationaler Direktor des Evangelischen Rates der Kirche von England, sagte, er sei „betrübt und traurig“ über diese Entscheidung und erklärte weiter: „Es wird die örtlichen Pfarrgemeinden auseinanderreißen, die Beziehung zwischen einer großen Anzahl von Geistlichen und ihren Bischöfen beschädigen und dazu führen, dass die Gemeinden in den Diözesen das Gefühl haben, dass ihre Hirten sie im Stich gelassen haben.“
Homosexuelle Segnungen – unvereinbar mit der Bibel?
Die Positionen indes verhärten sich immer mehr, denn von konservativ christlicher Seite betonte Rechtsanwalt Daniel Matovu, zugleich Laienmitglied der Synode, dass die Segnung von Homosexuellen „im Widerspruch zu Gottes Wort und mit diesem völlig unvereinbar“ sei, denn die Bibel mache deutlich, dass ein Mann, der mit einem anderen Mann schlafe, nicht in das Himmelreich kommen könne. Viele andere Kirchen im Vereinigten Königreich sehen das allerdings inzwischen deutlich anders, auch das anglikanische Pendant in Schottland – die Schottischen Episkopalkirche – sowie die Presbyterianische Kirche von Schottland lassen beide gleichgeschlechtliche Trauungen zu.