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Selbstbestimmungsgesetz
Rubrik

Selbstbestimmungsgesetz LGBTI*-Verbände, Fachgremien des Bundesrats, die Linksfraktion sowie Frauen- und schwul-lesbische Verbände fordern Änderungen

ms - 15.11.2023 - 09:00 Uhr

Heute Abend findet die erste Beratung über das geplante Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) im Plenum des Bundestages statt – erwartet werden hitzige Debatten, denn zeitgleich wird auch ein Antrag der AfD-Fraktion diskutiert. Die Partei fordert, das bisherige Transsexuellengesetz zu erhalten und den Schutz von Menschen mit Geschlechtsdysphorie zu verbessern.

Bundesrat fordert Glaubhaftmachung vor Geschlechtswechsel

Kritik an diversen Details des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes kommt aber auch von anderer Seite, so hat der Bundesrat inzwischen diverse Verbesserungen vorgeschlagen und Teile des Gesetzestextes als möglicherweise nicht verfassungskonform angesehen, explizit, wenn es um die Schutzrechte von Kindern und Jugendlichen geht. Die Fachausschüsse des Bundesrates fordern so unter anderem, dass Eltern von Kindern unter 14 Jahren nicht ohne Einbeziehung von Fachpersonal erlaubt sein solle, einen Personenstandswechsel für das eigene Kind allein durchführen lassen zu dürfen.

Zudem bedürfe es generell auch bei Jugendlichen ab 14 Jahren sowie erwachsenen Menschen eine „Glaubhaftmachung der Ernsthaftigkeit und Wahrhaftigkeit der Erklärung“ – dabei bezieht sich der Bundesrat auch auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Diese Abklärung von Fachstellen, beispielsweise durch „geeignete Nachweise“ von Psychologen, wird im Gesetzentwurf aber strikt abgelehnt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) erklärte dazu, die Einführung einer Glaubhaftmachung führe das Ziel einer geschlechtlichen Selbstbestimmung und den Namen „Selbstbestimmungsgesetz“ vollkommen ad absurdum.

Die Ausschüsse des Bundesrats fordern überdies Änderungen bei den bisherigen Wartefristen, die Bereitstellung des neuen Gesetzes für alle Menschen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus, mehr Klarheit beim geforderten Offenbarungsverbot und eine Stärkung der Rechte von Polizisten beim Umgang mit dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz.

Kritik und Bedenken

Inzwischen gibt es offenbar auch immer mehr Kritik innerhalb der Ampel-Parteien an dem Vorhaben. Mehrere schwul-lesbische Verbände wie beispielsweise Just Gay sehen große Gefahren im Gesetz für Homosexuelle, mehrere Frauenverbände befürchten ein hohes Missbrauchspotenzial, beispielsweise bei frauenspezifischen Einrichtungen. Die Union lehnt das Gesetzesvorhaben in dieser Form ab.

Die Linke indes kritisiert ebenso wie auch einige queere Verbände, dass das Vorhaben in vielen Punkten weit hinter den Erwartungen von Trans-Menschen zurückbleiben würde – zudem verzögere die Regierung das Vorhaben immer wieder, so die queer-politische Sprecherin der Links-Fraktion, Kathrin Vogler: „Es ist peinlich, aber auch typisch für die Politik der Ampel (…) Trans- und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Menschen warten seit Jahren auf die Wahrung ihrer Grundrechte. Sie derart hängen zu lassen ist verantwortungslos. Nun bleibt zu hoffen, dass die Koalitionsfraktionen hinter den Kulissen noch um Verbesserungen ringen. Der bisherige Regierungsentwurf des Gesetzes strahlte vor allem Misstrauen gegenüber den Betroffenen aus. Das Vertrauen, das viele in die selbst ernannte ´Fortschrittskoalition´ und ihren Queer-Beauftragten Sven Lehmann hatten, ist schwer beschädigt.“

Streitfall Informationsweitergabe an Behörden

Spannend dürfte auch die Diskussion um die vorgesehene Informationsweitergabe an Sicherheitsbehörden werden, die das Bundeskriminalamt sowie das Innenministerium einfordern – die Richtlinien sollen verhindern, dass Kriminelle mittels eines juristischen Geschlechtswechsels sich der polizeilichen Verfolgung entziehen können. Der Bundesrat wie auch der LSVD sprechen sich indes gegen die Informationsweitergabe aus. Zudem sieht es nach Angaben des Bundesrates danach aus, dass das Gesetzesvorhaben aus rein technischen Gründen der bürokratischen Umsetzbarkeit frühestens Ende 2025 eingeführt werden kann – auch das löste erneut Kritik aus.

Im Anschluss an die rund 45-minütige Aussprache heute soll die Vorlage gemeinsam mit dem Antrag der AfD-Fraktion zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen werden.

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