Wohin geht Polen? LGBTI*-Community steht im Zentrum des Kultur-Wahlkampfs
Wohin geht Polen und was bedeutet das für die LGBTI*-Community im Land? Am Sonntag könnten diese Fragen beantwortet werden. Nach acht Jahren unter der nationalkonservativen Herrschaft der homophoben PiS-Partei ist das Land gespaltener als je zuvor. Während junge und liberale Polen eine neue Regierung herbeisehnen, pochen konservative, ältere und im ländlichen Raum lebende Menschen mehrheitlich auf ein „Weiter so!“ mit der PiS-Partei.
Christliche Werte vs. Homosexuellen-Rechte
Und in der Tat hat die Partei in den vergangenen Jahren viel für ärmere Menschen im Land getan, die sich zuvor jahrelang abgehängt gefühlt hatten – die Löhne und Renten sind gestiegen, die Infrastruktur wurde verbessert und die christlichen Werte wieder in den Mittelpunkt des Handels gestellt. Platz für die Rechte von Homosexuellen ist da allerdings kaum, rund ein Drittel der Regionen in Polen verstehen sich noch immer als „LGBT-freie Zonen“, allem Druck aus der EU zum Trotz. Die EU hat inzwischen die Verfahren größtenteils bereits eingestellt und offenbar stillschweigend kapituliert.
Mehr Demokratie, mehr LGBTI*-Rechte – verspricht die Opposition
Trotzdem bewegt sich etwas im Land, vor wenigen Tagen erst demonstrierten in der polnischen Hauptstadt Warschau rund eine Million Menschen und forderten ein Ende der homophoben Regierung unter der PIS-Partei, die auch den Staat, die Justiz und die Medien massiv umgekrempelt hat und dabei die Demokratie im Land selbst immer wieder minimieren konnte.
Polens Opposition, angeführt vom ehemaligen polnischen Premierminister und Präsidenten des Europäischen Rats, Donald Tusk, verspricht bei einem Wahlsieg so auch wieder mehr Demokratie und zudem Rechte für LGBTI*-Personen – die Rede ist unter anderem von der gesetzlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften sowie neuen Richtlinien, die es Trans-Menschen einfacher machen sollen, sich in ihrem Geschlecht registrieren zu lassen. In den letzten Jahren hat dabei der Hass und die verbalen sowie physischen Angriffe auf LGBTI*-Menschen immer weiter zugenommen.
Koalition mit Rechtsextremisten?
Wer am Ende das Rennen macht, ist indes offen – die rechtsnationale PiS-Partei kommt in den jüngsten Umfragen von letzter Woche auf rund 32 Prozent der Stimmen, die oppositionelle liberal-konservative Bürgerkoalition liegt mit 30 Prozent dich dahinter. Bei der letzten Wahl konnte die PiS noch 43 Prozent der Stimmen erlangen. Zum Zünglein an der Waage könnten die kleineren Parteien werden.
Klar scheint dabei offensichtlich schon jetzt nur, dass die PiS nicht zum dritten Mal in Folge selbst bei einem Wahlsieg alleine weiterregieren kann. Für Homosexuelle im Land mag dies trotzdem nichts Gutes bedeuten, denn schon jetzt arbeitet die PiS immer öfter mit der rechtsextremen Partei Solidarisches Polen (Solidarna Polska) zusammen, denn im Unterhaus hat die PiS bereits aktuell keine Regierungsmehrheit.
Homosexuelle und Deutschland als Feindbilder
Das Feindbild indes scheint klar – die PiS setzte im Wahlkampf die letzten Wochen explizit auf eine antideutsche Kampagne, wobei die EU und die polnische Opposition als „Agenten Deutschlands“ dargestellt werden, die das Land ausbeuten und unterdrücken wollen – und ihnen familienfeindliche Gesetze wie mehr Rechte für Homosexuelle aufdrängen.
In TV-Spots präsentiert sich der amtierende Parteichef Jaroslaw Kaczynski dann auch als Verteidiger polnischer Interessen und Werte gegenüber ausländischen Mächten, vor allem Deutschland. Für Politikbeobachter ist dabei klar, dass die PiS äußere Feinde brauche, um sich selbst als Schutzmacht darzustellen – da kommen Flüchtlinge genauso gelegen wie Homosexuelle oder nun gleich ganz Deutschland. Zur Wahl aufgerufen sind rund 30 Millionen polnische Staatsbürger im In- und Ausland ab 18 Jahren.