HIV in Russland Mindestens 1,1 Millionen Russen sind inzwischen HIV-positiv, Hoffnung auf Besserung gibt es kaum
Mindestens 1,1 Millionen Menschen in Russland sind aktuell HIV-positiv. Die Versorgungslage verschlechterte sich seit dem Ukraine-Krieg immer mehr, jetzt schlagen auch einige russische LGBTI*-und HIV-Verbände Alarm, auch zuvor bereits im August meldeten sich die ersten Vereine. Die Bekämpfung sowie die Prävention von HIV wird dabei auch deswegen immer mehr zu einer unmöglichen Aufgabe, weil durch die Verschärfung des Anti-Homosexuellen-Gesetzes bereits Hilfe für Menschen mit HIV als „Förderung von Homosexualität“ auslegt werden kann.
Drogenkonsum befeuert HIV-Neuinfektionen
Zudem wird die Situation durch die insgesamt desolate Lage der allgemeinen Bevölkerung des Landes verschlimmert, die sich ebenso in den letzten Jahren nochmals verschlechtert hat. Ein Drittel der Neu-Infektionen geht inzwischen so auf intravenösen Drogenkonsum zurück, wie die Andrei-Rylkow-Stiftung berichtet. Sie versorgt bis heute trotz Sanktionen und immer weniger Geld Homosexuelle, Menschen mit HIV und Sexarbeiter sowie Drogenkonsumenten im Land.
Russland setzt auf „moralische Werte“
Die wenigen Organisationen wie die Stiftung, die noch vor Ort aktiv sind, müssen zudem mit immer weniger Geld auskommen, ausländische Spender gibt es zudem aufgrund des Krieges immer weniger und in der Tat besteht zumeist auch die Gefahr, dass die russische Regierung Spendengelder umleitet. Das ist problemlos möglich, seitdem die betreffenden Stiftungen auf die „Liste der ausländischen Agenten“ gesetzt worden sind. Der Kampf gegen die LGBTI*-freundliche Organisationen selbst ist indes altbekannt, bereits seit 2006 geht Putins Regierung systematisch verstärkt gegen alle vor, die sich für Homosexuelle einsetzen – sämtliche Finanzierungen in diese Richtung wurden eingestellt, man wolle eine Priorität auf die Förderung von moralischen Werten und einem „gesunden Lebensstil“ setzen.
HIV und die „Nähe“ zur Gay-Community
HIV-Experten der Stiftung sind sich einig darüber, dass die tatsächliche Zahl der Menschen mit HIV in Russland noch einmal deutlich höher liegen dürfte, doch mehr denn je ist das Virus wegen seiner vermeintlichen Nähe zur Gay-Community ein Tabu. Kurz gesagt, viele Menschen lassen sich auch erst gar nicht testen, zu groß ist die Angst davor, als homosexuell eingestuft zu werden – es drohen gesellschaftliche, wirtschaftliche bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen.
Immer mehr Soldaten greifen zu Drogen
Ein weiteres Problem – es fehlt schlicht an ausreichend vielen Medikamenten, immer wieder kommt es aufgrund von Sanktionen zu Engpässen, gerade im Behandlungsbereich für Menschen mit HIV, wie die NGO Humanitarian Action aus St. Petersburg erklärt. Die HIV-Situation in Russland wird zudem weiter verschlimmert durch den Fakt, dass immer mehr junge Soldaten zu Drogen greifen, um mit der Lage überhaupt noch zurechtzukommen, oftmals werden auch hier Spritzen geteilt, sodass HIV-Neu-Infektionen sehr schnell weitergegeben werden können.
Insgesamt betrachtet besteht wenig Hoffnung, dass sich die Situation irgendwie in absehbarer Zeit verbessern könnte, solange Machthaber Putin weiter den Krieg befeuert und gleichzeitig im Land massiv gegen Homosexuelle und alles andere vorgeht, was damit irgendwie in Verbindung gebracht werden könnte.