Sieg vor Gericht Erstmals wurde der Begriff "Transe" als Persönlichkeitsverletzung gewertet
Der Entertainer Riccardo Simonetti hat vor dem Landgericht Dortmund im Kampf gegen einen Hasskommentator einen Sieg davongetragen – er selbst spricht von einem wichtigen Präzedenzfall, weswegen er die Auseinandersetzung jetzt öffentlich machte.
Hasskommentar mit Konsequenzen
Hintergrund ist Simonettis Kinderbuch „Raffi und sein pinkes Tutu“ aus dem Jahr 2019 – darin wirbt er für mehr Akzeptanz gegenüber dem „Anderssein“ und erzählt von einem Jungen, der in der Schule lieber ein pinkes Röckchen tragen möchte, sich aber zunächst nicht traut. Der 30-jährige Influencer aus dem bayerischen Bad Reichenhall ernte anschließend neben Lob auch online diverse Hasskommentare zu seinem Buch. Eine „Person des öffentlichen Lebens“ schrieb so online: „Kann diese übergriffe Transe, die selbst nie eigene Kinder haben wird, mal irgendwer wegsperren bitte, damit sie sich nicht an anderer Leute Kinder vergeht! Versteht mich richtig, jeder darf lieben, wen er will, sich verkleiden wie er will und meinetwegen als Rauhaardackel identifizieren. Aber es gibt KEINEN GRUND deine Persönlichkeitsstörung kleinen Kindern aufzudrängen und als normal zu verkaufen! Und NEIN, mit Persönlichkeitsstörung meine ich nicht Homosexualität! Als Mann einen Mann oder als Frau eine Frau zu lieben, ist für mich völlig normal. Liebe kennt kein Geschlecht! Jedoch Geschlechter in Frage zu stellen und als gesellschaftliches Konstrukt zu bezeichnen, ist krank. Deinen Körper abzulehnen und dir Penis oder Brüste abnehmen zu lassen, ist nicht normal! Aber wenn du das tun willst, tu es! Ich akzeptiere deine Lebensweise als deine persönliche Freiheit. Aber diese Freiheit endet bei fremden Kindern! No Discussion, kein Spielraum, nicht mal ein bisschen! Und NEIN, das ist nicht Transfeindlich. Sei wer du willst, aber erwarte nicht von mir, dass ich das mittrage! Und lass verdammt noch mal unsere Kinder damit in Ruhe! Denn das hat NICHTS mehr mit den Werten tun. Es geht weit über Akzeptanz von LGBT hinaus, wenn es Kindern als normal verkauft wird, dass sie sich ihr Geschlecht aussuchen könnten. Niemand kann das. Ende der Diskussion!“
„Transe“ offiziell eine Persönlichkeitsverletzung?
Gegen diesen Tweet beantragte Simonetti eine Abmahnung vor Gericht, welches dem Entertainer auch recht gab. Die betreffende Person legte allerdings Widerspruch ein, sodass der Fall nun vor dem Landgericht Dortmund verhandelt wurde – abermals bestätigten die Richter, dass es sich hierbei um eine rechtswidrige Äußerung handelt und nicht um eine freie Meinungsäußerung. Erstmals habe ein Gericht so auch das Wort „Transe“ als Persönlichkeitsverletzung anerkannt, so Simonetti. Dabei habe sich das Gericht explizit auf den Schutz der Menschenwürde berufen. „Ein Präzedenzfall ist vor Gericht wichtig für vergleichbare Fälle und gibt nun queeren Personen und insbesondere Trans* Menschen schlichtweg die Möglichkeit, im Falle einer transphoben Persönlichkeitsrechtsverletzung zu wissen, dass das Gericht diese als solche anerkennt. Das macht es insofern zu einem Urteil von Bedeutung, weil es das in dieser Form vorher in Deutschland nicht gegeben hat“, so Simonetti online zur Begründung für seine Veröffentlichung.
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum
Zu der Person selbst, schreibt Simonetti weiter, dass es sich um eine Person des öffentlichen Lebens handele, die diverse Tweets dieser Art hochgeladen und darin auch explizit den Influencer markiert habe. „Die Inhalte waren nicht nur diskriminierend und beleidigend, sie waren schlichtweg rechtswidrig. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum und Dinge, die im echten Leben nicht erlaubt sind, sind es auch im Internet nicht. Ganz davon abgesehen, dass sie sich nicht gehören.“ Online wird Simonetti für das Urteil gefeiert, unter anderem auch von bekannten anderen Gesichtern aus der Community wie „Prince Charming“- Gewinner Lars Tönsfeuerborn.
UPDATE
Das Landgericht Dortmund hat inzwischen der Aussage von Simonetti widersprochen.Die Behauptung von Simonetti sei „unzutreffend“, so das Landgericht. Die Kammer hat die Äußerungen als Gesamtes als einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewertet. "Zu der alleinigen Verwendung des Begriffes ´Transe´ verhält sich die Entscheidung nicht“, so Tom Soller, stellvertretender Pressedezernent des Landgerichts Dortmund. Weitere Einzelheiten dazu finden sich HIER.