Wenig Hoffnung in Russland Prävention von HIV ist immer mehr unerwünscht
Die Lage in Russland verschlechtert sich für LGBTI*-Personen sowie Menschen mit HIV immer weiter – zu diesem Schluss kommt jetzt die Organisation „Parni Plus“, die bereits 2021 vom russischen Justizministerium als „ausländische Agenten“ eingestuften wurden. Trotzdem schafft es die Organisation bis heute, bis zu drei Millionen Leser online über Themen rund um HIV und LGBTI* zu informieren. Bereits seit rund 15 Jahren berät der Verein über HIV sowie LGBTI*-Themen und hilft auch aktiv vor Ort.
HIV-Aktivismus ist nicht gewünscht
Warum gerade immer stärker auch die Präventionsarbeit rund um HIV und AIDS in Russland zu einem unliebsamen Thema wird, liegt an mehreren Faktoren – zum einen besteht eine inhaltliche Nähe zur LGBTI*-Community, zum anderen bedeute HIV-Aktivismus immer auch ein Eintreten für die Rechte unterdrückter Gruppen wie Homosexuelle und queere Menschen, so Organisationsgründer Evgeny Pisemsky im Gespräch mit der Deutschen Aidshilfe. Die Verschärfung des Anti-Homosexuellen-Gesetzes habe die Lage weiter verschlechtert.
Dazu kommen ein generell marodes und korruptes Gesundheitssystem und das generelle Tabu, über Themen wie Sexualität offen reden zu dürfen. Seit Kriegsbeginn mit der Ukraine habe sich die Lage dabei noch einmal dramatisch verschlechtert, die Angriffe auf HIV-Vereine habe zugenommen, ausländische Spendengelder dürfte keine Organisation mehr annehmen, ansonsten werden sie ähnlich wie „Parni Plus“ zu Staatsfeinden erklärt. Die meisten Gruppen mussten inzwischen aufgeben.
Gesundheitslage unter LGBTI*s verschlechtert sich weiter
Das schaffe zudem eine Lebenssituation, in der viele Menschen mit HIV sowie auch Minderheiten wie LGBTI*-Personen verstärkt von psychischem Stress und Depressionen betroffen sind – wer kann, versuche, das Land zu verlassen. Bei allen anderen verschlechtere sich die allgemeine Gesundheit zumeist immer weiter. „Wenn die Grundbedürfnisse der Menschen nicht erfüllt sind oder ihre Rechte in einem Land verletzt werden, hat das erhebliche Auswirkungen auf ihre Gesundheit“, so Pisemsky.
Es ist abzusehen, dass sich die Lage gerade von LGBTI*-Russen noch weiter verschlechtern wird, auch durch das Weiterbestehen des Ukraine-Krieges. Gegenüber der Tagesschau hatte erst Ende letzter Woche Experte Gustav Gressel, Senior Policy Fellow beim European Council On Foreign Affairs in Berlin, erklärt, dass realistisch betrachtet ein Ende der Kampfhandlungen nicht vor 2025 in Sicht sei.
Das Ende von Präventionsmaßnahmen
Die Webseite der Organisation ist inzwischen von Russland gesperrt worden, trotzdem erreicht der Verein jeden Monat noch mehrere Millionen Menschen online. Die Probleme werden trotzdem immer mehr. „Wir können keine Präventionsmaßnahmen durchführen, die den Empfehlungen der WHO und der evidenzbasierten Medizin gerecht werden. Wir können nicht die Sprache und das Wording unserer Zielgruppen nutzen. Wir können die Dinge nicht beim Namen nennen. Und das ist ein großes Problem. Heute ist Russland in der Region Osteuropa-Zentralasien an der Spitze, was die Zahl der neuen HIV-Diagnosen angeht“, so Pisemsky. Die Faktenlage bestätigte auch die WHO Ende letzten Jahres – allein in Russland gibt es aktuell über eine Million Menschen, die HIV-positiv sind.