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Neuauflage Queer as Folk gecancelt
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Zu woke fürs Publikum? Nach acht Folgen zieht TV-Sender den Stecker

ms - 27.09.2022 - 14:00 Uhr

Nach nur einer Staffel ist Schluss mit der Neu-Auflage der Serie “Queer As Folk“ bei Peacock. Die LGBTI*-Story erlebte in diesem Jahr ihre zweite Neu-Auflage. Nach den zwei Staffeln des britischen Originals (1999-2000) hatte es die US-Version (2000-2005) auf ganze fünf Staffeln geschafft und gilt bis heute als erfolgreichste und beliebteste “Queer As Folk“-Serie. Die neuste Variante blieb in diesem Jahr nun wohl quotenmäßig weit hinter den Erwartungen zurück, zudem wurde mehrfach Kritik laut, die Serie sei schlicht “zu queer“; anstatt sich auf die Geschichte der Protagonisten zu konzentrieren, hätten viele Zuschauer das Gefühl, zwanghaft mit Wokeness bedrängt zu werden. Sowohl die New York Times als auch Vanity Fair gingen mit dem Remake der Serie hart ins Gericht, die acht Folgen seien zwanghaft intersektional und ließen den Figuren viel zu wenig Raum.

© Peacock

So schrieb der Kritiker Erik Piepenburg der New York Times: „Ich konnte mich nicht darauf einlassen. Weil die Macher nie ganz herausgefunden haben, wie sie ihre Figuren über die Umrisse ihrer Identität hinaus komplex machen können. Ein Freund konnte sich nicht entscheiden, ob ´Queer as Woke´ oder ´Woke as Folk´ nicht ein besserer Titel gewesen wäre. Die für das Fernsehen gemachte Freundesgruppe der Serie hat die emotionale Tiefe von Fremden bei der Erstsemestereinführung. Die Schauspieler glauben an ihren Text, aber sie spielen ihn nicht immer glaubwürdig.“ Die Vanity Fair indes fällte direkt ihr Todesurteil, der Serie fehle es schlicht an Menschlichkeit. Im Netz sprachen User von “Queerness-Zwang mit dem Holzhammer“. Bei einem Übermaß an Diversität wäre Story und Qualität der Serie schlicht verloren gegangen, so weitere Kritiker. Im britischen Original sowie im amerikanischen Remake drehte sich die Serie hauptsächlich noch um das Leben von mehreren schwulen Männern, in der Neuauflage von 2022 sind indes alle Identitäten, Geschlechter und diverse Selbstdefinitionen bunt vertreten – blickt man auf die Quoten, vielleicht zu bunt für das TV-Publikum? Bereits in der ersten Folge konnten Zuschauer beispielsweise zwei Männer beim Analsex sehen, während der weiße Darsteller zum schwarzen Schauspieler sagt: „Bestrafe meinen weißen Arsch! Meinen weißen privilegierten Arsch, der immer so viel Raum einnimmt“. Kurz darauf wird anderweitig erklärt: „Man kann auch trans und toxisch sein. It’s called intersectionality, Bitch!“

Befürworter der Neuauflage werfen den Kritikern indes vor, allesamt weiß und cis-männlich zu sein. Ihr Verhalten sei daher ignorant. Die neue Serie habe eben auch eine neue Form von “Awareness für Rassismus und andere Diskriminierungsformen, für die die vorigen ´Queer As Folk´-Versionen noch blind waren, sehr weiß, sehr cis, sehr gay statt queer“, so die positive Berichterstattung in der taz. Schöpfer Stephen Dunn erklärte traurig via Instagram: „Es ist ein seltenes Geschenk in diesen Zeiten und in diesem Land, eine so furchtlose und unverblümte Show wie ´Queer As Folk´ machen zu können. Diese Erfahrung hat unser Leben für immer verändert und wir sind so dankbar, dass wir diese unglaubliche neue Familie gefunden haben. Aber heute haben wir die enttäuschende Nachricht erhalten, dass wir keine zweite Staffel bekommen werden. Wir sind so dankbar für die Chance, unsere Gemeinschaft zu ehren und sind so stolz auf diese Show.“

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