Zeitenwende in Australien? Neues Gesetz soll religiöse Diskriminierung von LGBTI*-Menschen beenden
Die zumeist juristischen Kämpfe zwischen Religionsfreiheit und allgemeinen Menschenrechten wie der Gleichberechtigung von Homosexuellen werden in Australien seit Jahren mit erbitterter Härte geführt – vor allem an den Schulen und Universitäten des Landes. Immer wieder kam es in den letzten Jahren zu Auseinandersetzungen, politischen Debatten und Gerichtsprozessen um die Frage, wie viel Macht religiöse Trägerschaften von Bildungseinrichtungen ausüben können. Nun könnte eine Zeitenwende in Australien die Ausgangslage grundsätzlich ändern.
Wie viel Macht hat die Religion an den Schulen?
Bisher wurde stets von Fall zu Fall und auch immer im Blickwinkel des jeweiligen medialen Shitstorms darüber entschieden, ob zumeist christliche aber auch andersgläubige Schulleitungen beispielsweise vorschreiben dürfen, dass über LGBTI*-Themen im Unterricht nicht berichtet werden darf. In anderen Fällen erzwangen die gläubigen Institutionsleiter schriftliche Zugeständnisse von den Eltern, in denen diese zwangsweise zustimmen mussten, dass die Schule nicht verpflichtet werden kann, homosexuelle Kinder überhaupt aufnehmen.
Die stark konservative und bisweilen auch homophobe Vorgängerregierung unter Premierminister Scott Morrison hatte sogar bis zuletzt versucht, ein Gesetz durchzubringen, das die Religionsfreiheit in gewisser Weise über alle anderen Gesetze gestellt hätte, auch wenn Morrison selbst mehrfach beteuert hatte, auch an die LGBTI*-Community denken zu wollen. Einen fertigen Gesetzesvorschlag, der beides unter einen Hut hätte bringen sollen, konnte er bis zuletzt nicht vorlegen.
Erster Gesetzentwurf bis April
Nun die Kehrtwende: Die neue Regierung unter Premierminister Anthony Albanese plant ein Gesetz, das es allen religiösen Schulen des Landes künftig verbieten soll, Schüler, Studenten oder auch Mitarbeiter von Bildungseinrichtungen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität zu diskriminieren. Die Regierung erklärte dazu in dieser Woche, dass sie die australische Rechtsreformkommission beauftragt habe, einen entsprechenden Gesetzesentwurf bis Ende April dieses Jahres ausarbeiten.
Eingeständnisse gegenüber religiösen Schulen?
Eingeständnisse will die Regierung den religiösen Schulen nur noch in gewissen Teilaspekten zubilligen, beispielsweise dürfe unter gewissen Aspekten während dem Unterricht verlangt werden, dass Mitarbeiter und Schüler den “religiösen Ethos“ der Schule respektieren müssten. Konkreter wurde es bisher noch nicht. Australischen LGBTI*-Verbänden geht dies allerdings erneut bereits zu weit, sie fordern eine lückenlose Anerkennung des bereits bestehenden Anti-Diskriminierungsgesetzes, auch und gerade im Spannungsfeld mit religiösen Trägern und Einrichtungen.