Direkt zum Inhalt
Wunden lecken in den USA

Wunden lecken in den USA Queere Verbände und Demokraten versuchen, der LGBTI*-Community neue Hoffnung zu geben

ms - 11.11.2024 - 14:00 Uhr
Loading audio player...

Wunden lecken nach der US-Wahl in der vergangenen Woche: Während die Demokraten in den USA ihre gestärkte Verbundenheit mit der LGBTI*-Community zu Beginn dieser Woche gesondert hervorheben, versuchen sich queere Lobbyverbände als Mutmacher und geben Tipps, wie verzweifelte homosexuelle und queere Menschen nun bestmöglich mit der Situation umgehen könnten. 

Schlachtplan für die nächsten Jahre

Es ist die erste Woche nach der gewonnenen Trump-Wahl und noch scheinen sowohl politisch linke Kräfte wie auch die LGBTI*-Ansprechpartner der Demokraten als auch die queeren Verbände eine gute Herangehensweise zu suchen, mit dem, aus ihrer Sicht schlechten Wahlausgang bestmöglich umzugehen. Bereits letzte Woche versuchte der LGBTI*-Verein GLAAD, der US-Community Mut zu machen. Ähnliches hat nun ebenso die queere juristische Bürgerrechtsorganisation ACLU vor.

So erklärte der Verband: „Nach einer verheerenden Wahl sind viele von uns ratlos, was wir tun können. Obwohl es der Demokratischen Partei nicht gelungen sein mag, die Nation gegen Trump zu verteidigen, haben wir bereits einen Schlachtplan für die kommenden Jahre. Wir sind bereit, in der Minute, in der Trump den Amtseid ablegt, aktiv zu werden! Wir sind uns über das Chaos und die Zerstörung im Klaren, die eine zweite Trump-Regierung in unserem Land anrichten wird. Wir haben lange genug die Hände gen Himmel gestreckt, das Problem analysiert und ängstlich nach vorne geblickt!“ 

Brandmauer der Freiheit 

Konkret befürchtet die ACLU ähnlich wie andere queere Vereine vor allem ein Angriff auf Trans-Menschen im Land sowie eine Minderung der reproduktiven Freiheiten. Bereits während der ersten Regierungszeit von Trump zeigte sich das Netzwerk von Anwälten dabei äußerst kampfbereit und hatte binnen von vier Jahren über 430 Klagen gegen die damalige Regierung eingebracht. Mehr denn je wolle man nun ab Januar 2025 „die Gerichte nutzen, um zu bekräftigen, dass LGBTI*-Personen durch Bundesgesetze vor Diskriminierung geschützt sind. Wir werden dafür kämpfen, die Politik der Trump-Administration, die Diskriminierung in der gesamten Regierung zulässt, für ungültig erklären zu lassen.“ 

Das Kernziel sei es dabei, eine „Brandmauer für die Freiheit zu errichten und Gesetze zu erlassen, die die Menschen vor staatlichem Missbrauch schützen“, so ACLU. Abschließend betont die Organisation: „Wir haben 105 Jahre und 19 Präsidenten erlebt. Trump muss an uns allen vorbeikommen.“

Mehrheit der LGBTI*-Amerikaner hat Angst

Seit der Wiederwahl Donald Trumps explodieren dabei die digitalen und telefonischen Hilfeanfragen bei Beratungseinrichtungen für LGBTI*-Jugendliche. Laut einer aktuellen Blitz-Umfrage haben 62 Prozent der LGBTI*-Wähler Angst, was jetzt im Land geschieht. Mehrere queere Verbände berichten von großer Verzweiflung innerhalb der US-Community, weswegen einige Vereine zusammen mit schwul-lesbischen US-Medien in dieser Woche neue Leitlinien herausgegeben haben, wie Betroffene besser mit ihrer Wut und ihrer Verzweiflung umgehen können. 

Die Kernaussage dabei: „Es muss immer erst schlimmer werden, bevor es richtig gut wird – das kennen wir bereits!“ Um mit der Situation besser umgehen zu können, solle man so unter anderem mehr auf seine geistige und körperliche Gesundheit achten und aktiv etwas dafür tun, schöne Dinge wie Freunde, Familie oder auch nur Hobby mehr wertzuschätzen sowie auch mehr Zeit in der LGBTI*-Community zu verbringen. Schritt für Schritt solle man dabei versuchen, neue Hoffnung aufzubauen, die Nutzung der Sozialen Medien stark einzuschränken und sich auf positive Aspekte zu fokussieren.

Aufarbeitung bei den Demokraten

Die LGBTI*-Ansprechpartner innerhalb der demokratischen Partei indes sind an diesem Punkt noch nicht gänzlich angekommen – ein hoffnungsvoller Blick nach vorne fällt mitunter schwer. Sehr wohl versuchen die Demokraten aber, positive Aspekte herauszuarbeiten. Dabei betonte ein LGBTI*-Sprecher der Partei: „Inmitten der dunklen Tage, die vor uns liegen, halten die führenden Demokraten an ihrem Engagement für die Gleichberechtigung fest. Der Kampf für LGBTI*-Rechte, insbesondere für Trans-Rechte, ist noch lange nicht vorbei.“

Noch ein wenig ratlos scheint die Partei bei der Frage zu sein, warum sich so viele Menschen von ihr abgewandt haben – nach einer ersten Umfrage der Human Rights Campaign spielten Trans-Themen dabei wieder allen Erwartungen keine große Rolle. Zudem gelang es den Demokraten sogar, die LGBTI*-Community deutlich stärker an sie zu binden: Beim letzten Wahlkampf hatten noch 28 Prozent für Trump gewählt, jetzt waren es gerade einmal noch 12 Prozent, während sich 86 Prozent der homosexuellen und queeren Wähler für Kamala Harris ausgesprochen hatten. 

Die lesbische demokratische Abgeordnete aus Vermont, Becca Balint, erklärte: „Queere Menschen, Trans-Menschen, People of Color wachen heute auf und fühlen sich bedroht. Wir müssen lautstark erklären, dass wir für sie da sein werden. Der Kampf für Gleichberechtigung ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“ 

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Empörung liegt in der Luft

Ein "schwuler" Flughafen-Code?

In Indien diskutiert man derzeit über das Flughafen-Kürzel in Gaya namens GAY. Das sei beleidigend, meinte jetzt ein Politiker und will eine Änderung.
Weitreichendes Gerichtsurteil

Frankreich stärkt queere Rechte

In Frankreich wurde ein Urteil zur Ansprache von queeren Menschen gefällt, das EU-weit Auswirkungen haben dürfte, betonte jetzt die ILGA Europe.
Appell von Russell T. Davies

Kampfesrede an die queere Gen-Z

Das Genie hinter „Queer as Folk“, Russell T. Davies, appelliert an die junge queere Community: Sie müsse kampfbereit sein, denn ein Kampf stehe bevor!
Kampagne im britischen Fußball

Neuer Einsatz gegen Homophobie

Die britische Premier-League wird ab 2026 mit einer eigenen Kampagne gegen Homophobie im Fußball vorgehen. Aus anderen Initiativen steigt die Liga aus
Hetzjagd auf die Community

Welle der Gewalt in Kolumbien

In Kolumbien machen selbsternannte „Korrektoren“ Jagd auf LGBTIQ+-Menschen: 50 Homosexuelle und queere Personen wurden 2025 bereits ermordet.
Radikaler Kurs in Marokko

Festnahme von LGBTIQ+-Aktivistin

Die LGBTIQ+-Aktivistin Ibtissam Lachgar wurde in Marokko festgenommen, weil sie ein T-Shirt mit der Aufschrift "Allah ist lesbisch" trug.
Hinrichtungen in Saudi-Arabien

Seit Jahresbeginn 241 Opfer

Mindestens 241 Menschen wurden seit Jahresbeginn in Saudi-Arabien hingerichtet, darunter auch schwule Männer. Ein neuer Negativ-Rekord.
Tränengas-Einsatz beim Pride

Eskalation in Montreal

Der alternative CSD in Montreal, der Rad Pride, eskalierte am Wochenende. Demonstranten griffen Polizisten an - diese reagierten mit Tränengas.
Bilanz des CSD Bautzen

Rekord mit 4.300 Pride-Teilnehmern

Rund 700 Polizisten sorgten gestern dafür, dass es beim CSD Bautzen zu keinen großen Auseinandersetzungen mit 450 Neonazis gekommen war.