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Verhaftungswelle in Tunesien

Verhaftungswelle in Tunesien Queerer Verein ruft "Notstand" für LGBTIQ+-Menschen aus

ms - 07.11.2025 - 15:00 Uhr
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Seit 2025 sorgt Tunesien mit seinen Gruppenverhaftungen von vornehmlich schwulen Männern immer wieder international für Schlagzeilen, jetzt kam es zu einer regelrechten Verhaftungswelle, wie die nationale Presse betont. Insgesamt 71 homosexuelle und queere Menschen wurden bei Razzien im Großraum Tunis festgenommen.

Brutales Vorgehen gegen LGBTIQ+

Gleichgeschlechtliche Handlungen und Sex unter Homosexuellen sind bis heute illegal, es drohen Haftstrafen von bis zu drei Jahren. Betroffene sind dabei oftmals schutzlos der brutalen Willkür der Polizei ausgesetzt, wie seit Jahresbeginn eindringlich mehrere Menschenrechtsorganisationen wie die Damj Association for Justice and Equality (Damj) betonten. Darunter fallen brutale Leibesvisitationen inklusive Genital- und Analuntersuchungen. Bestrebungen, Homosexualität im nordafrikanischen Land zu entkriminalisieren, gibt es seit Jahren, doch sie scheiterten bisher durchwegs.

Zuletzt haben dabei die Polizeigewalt und die Selbstjustiz im Land gegenüber queeren und homosexuellen Menschen immer weiter zugenommen. Einmal festgenommen, erwartet die Inhaftierten ein fadenscheiniger Prozess und zumeist brutale sexuelle Misshandlungen in den Gefängnissen. Amnesty International brandmarkte die Entwicklung 2025 als „alarmierenden Rückschritt für die Menschenrechte“ in Tunesien. 

Kurzer Prozess ohne Grundrechte 

Die Regierung selbst zeigt sich nun einmal mehr offenbar unbeeindruckt von dem internationalen Druck. Bei mehreren Razzien in Medenine, Sousse und Sfax wurden insgesamt 71 schwule und trans* Personen festgenommen und im Eilverfahren teilweise bereits verurteilt – 32 von ihnen erwarten Haftstrafen zwischen acht Monaten und drei Jahren. Je nach Bedarf werden die Betroffenen nach dem Verbot von Homosexualität oder mehrerer anderer Gesetze im Bereich „Unzucht“ für schuldig gesprochen. Laut Damj reichen als „Beweise“ bereits das Mitführen von Kondomen oder Gleitgel aus. In anderen Fällen werden Schwule durch Dating-Apps „überführt“.

Verband ruft Notstand aus 

Damj hat nach der jüngsten Verhaftungswelle jetzt offiziell den „Queer-Notstand“ ausgerufen und eine zentrale Notrufnummer für Mitglieder der LGBTIQ+-Community bereitgestellt – mittels Rechtsberatung und anderweitiger juristischer Expertise soll den Opfern der Polizeiwillkür schnell geholfen werden. „Diese Verstöße, die an mittelalterliche Inquisitionen erinnern, sind ein bewusster Versuch, grundlegende Freiheiten zurückzunehmen, Fortschritte im Bereich der Menschenrechte rückgängig zu machen und Angst unter LGBTIQ+-Personen und allen zu schüren, die es wagen, frei zu leben oder ihre Identität frei auszudrücken“, so ein Sprecher von Damj.

Kampagne gegen Vereine 

Damit nicht genug, haben die betreffenden Behörden auch eine großangelegte, landesweite Kampagne gestartet, die alle Vereine verbietet und auflöst, die queeren Menschen Unterstützung anbieten. Die Regierung geht dabei offenbar sehr grobschlächtig vor und hat inzwischen zahlreiche Verbände und Gruppen dezimiert, darunter mehrere unabhängige Medienplattformen, die tunesische Vereinigung demokratischer Frauen (ATFD) oder auch das tunesische Forum für wirtschaftliche und soziale Rechte (FTDES). 

„Wir sind zutiefst besorgt, dass Damj das nächste Opfer dieser systematischen Welle der Unterdrückung sein könnte. Sollte dies geschehen, wären die Auswirkungen auf die queeren Gemeinschaften in Tunesien verheerend, da wir eine der wenigen Organisationen sind, die sich noch offen und direkt für die Rechte von LGBTIQ+ in diesem Land einsetzen“, so der Vereinssprecher weiter, der überdies betonte: „Es ist klar geworden, dass diese Kampagnen nicht nur zufällige oder rachsüchtige Praktiken sind, sondern eine Strategie, die der tunesische Staat verkündet und durchgesetzt hat, um Geschlechtsidentitäten und sexuelle Neigungen zu kriminalisieren und Strafen gegen Personen zu verhängen, die gegen das offizielle Konzept der sogenannten ´Sitten und öffentlichen Anstandsregeln´ verstoßen.“ 

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