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Verfolgung von Homosexuellen geplant?

Verfolgung von Homosexuellen geplant? Verschlimmert sich die Situation für LGBTI* in Asien?

ms - 03.06.2022 - 12:10 Uhr
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Zuletzt blickte man hoffnungsvoll nach Asien, schrittweise kam es auch dort zu ersten Fortschritten im Einsatz um mehr Rechte für Homosexuelle und queere Menschen. Nun steht zu befürchten, dass Indonesien einen gewaltigen Schritt zurück macht und die Verfolgung von Homosexuellen mit einer Änderung des Strafgesetzbuches einführen will.

Mehrere LGBTI*-Rechtsaktivisten haben deswegen jetzt Alarm geschlagen, da anscheinend derzeit weitgehend an der Öffentlichkeit vorbei versucht wird, einen homophoben Gesetzentwurf neu zu verankern. Die indonesischen Gesetzgeber arbeiten derzeit an einer Reform des indonesischen Strafrechts, in Indonesien unter dem Akronym RKUHP bekannt. Die Reformen sind ein Versuch, das aus der Kolonialzeit stammende Strafrechtssystem abzuschaffen, doch scheint es dabei parallel Bemühungen zu geben, gewisse Verhaltensweisen illegal zu machen.

Bisher ist die rechtliche Ausgangslage für Homosexuelle in Indonesien schwammig: Schwule und Lesben können in Indonesien nicht legal heiraten, das Gesetz definiert dabei zwar die Ehe als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, doch gibt es wie sonst anderenorts in Asien hier kein spezielles Gesetz, das eine gleichgeschlechtliche Beziehung zwischen zwei “einwilligenden Erwachsenen“ verbietet oder bestraft.

LGBTI*-Aktivisten sind auch deswegen besonders wachsam, weil bereits vor drei Jahren im Rahmen einer Ratifizierung des RKUHP-Gesetzes versucht worden war, diverse “Moral-Klauseln“ gegen sexuelle Aktivitäten jenseits der Heterosexualität einzuführen und vorehelichen Sex ganz zu verbieten. Die Änderungen konnten damals dank massiver Protestaktionen von Studenten nicht umgesetzt werden. Nun scheint man in einem zweiten Anlauf zu versuchen, Sexualität und speziell Homosexualität zu diffamieren und ganz zu verbannen.

Dabei scheinen die Befürworter der homo-feindlichen Gesetzentwürfe aus der Vergangenheit gelernt zu haben und umschiffen ganz explizit die konkrete Nennung von Homosexuellen im aktuell vorliegenden Gesetzestext. "Es gibt keine Formulierung zu LGBTI* im RKUHP. Aber es gibt Drohungen für Verstöße gegen den Anstand und gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr in bestimmten Situationen und Formen. Genauso wie das Wort 'Dieb' im Strafgesetzbuch nicht vorkommt, gibt es gleichwohl Gesetze, die verurteilen, wenn Menschen das Eigentum eines anderen unrechtmäßig wegnehmen", so der indonesische Minister für Sicherheitsfragen, Mohammad Mahfud, in einem Tweet. So findet sich aktuell im Gesetzentwurf die Aussage, dass jeder, der "obszöne Handlungen gegen andere Menschen des anderen oder des gleichen Geschlechts" begeht, mit einer Geldstrafe und einer Freiheitsstrafe von bis zu neun Jahren bestraft werden kann. Die Definition von "obszön" ist dabei ein weites Feld. Liberale Kräfte und LGBTI*-Aktivisten fordern grundsätzlich, dass der Staat deutlich weniger in die privaten Rechte seiner Bürger eingreifen dürfe.

Die Gegner der Homosexualität versuchen zudem weiter Druck aufzubauen, um die neuen Vorhaben schnellstmöglich und ohne öffentliche Debatte bis Juli rechtlich verankert zu haben. Sie stoßen dabei durchaus auch auf immer mehr Zustimmung von Seiten der Bevölkerung – nach Recherchen der Deutschen Welle wächst die Intoleranz gegenüber LGBTI*-Menschen in Indonesien wieder an. 2016 erließ die indonesische Rundfunkkommission beispielsweise eine Verordnung, die es allen Sendern verbot, Männer zu zeigen, die sich feminin zeigen oder verhalten würden. In diesem Jahr löste Mitte Mai am Internationalen Tag gegen Homophobie die britische Botschaft in Jakarta eine Kontroverse aus, als sie eine Regenbogenflagge hisste. Das indonesische Außenministerium forderte eine sofortige Entfernung der Flagge.

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