„Verbotene Themen“ im Mathebuch Alles muss raus: LGBTI*, Menschenrechte, Rassismus, Wissenschaft
Florida sollte sich dringend umbenennen – weg vom Sunshine-State, hin zu Absurdistan. Kaum zu glauben, aber wahr: Der Bundestaat verbietet künftig einen Großteil der Schulbücher, weil diese Kinder „indoktrinieren“ würden. Dabei geht es inzwischen nicht mehr “nur“ darum, LGBTI*-Themen zu verbieten, wie das neue Gesetz (umgangssprachlich Don´t Say Gay) vorsieht, welches im Juli in Kraft tritt. Gouverneur Ron DeSantis hatte trotz großem Protest von Unternehmen, Eltern und queeren Aktivisten das queerfeindliche Gesetzesvorhaben umgesetzt.
Nun will DeSantis Hand in Hand mit Floridas Bildungsminister Richard Corcoran Bildung für Schüler auch in anderen Bereichen massiv beschneiden. Der extra dafür einberufene Ausschuss überprüfte 132 Schulbücher. Das Bildungsministerium von Florida lehnte schlussendlich 71 Prozent der Mathematiklehrbücher für die Grundschule und 41 Prozent der Lehrbücher für alle anderen Klassenstufen ab, weil diese "verbotene Inhalte und Themen" enthalten würden. Die Bücher dürfen künftig nicht mehr verwendet werden.
Nebst queeren Themen ist den Zensur-Fanatikern dabei auch jede Aufklärung in puncto Rassismus ein Dorn im Auge. In den neuen Geschichtsbüchern soll auch das Thema Sklaverei gänzlich verschwinden. Auch die sogenannte „Common Core State Standards Initiative“ lehnen DeSantis und seine Befürworter ab.
Common Core ist eine Bildungsinitiative aus dem Jahr 2010, die im Detail festlegt, was Schüler in den Vereinigten Staaten am Ende jeder Schulstufe in den Fächern Englisch und Mathematik wissen sollten. Die Initiative zielt darauf ab, einheitliche Bildungsstandards in allen Bundesstaaten einzuführen. Die meisten US-Bundesstaaten verwenden diesen Standard auf Basis von Fakten aus der Wissenschaft. Bildungsminister Corcoran hält das Lehrplankonzept dagegen gerade in Bezug auf Mathematik für falsch, vor allem dann, wenn Eltern es nicht verstehen würden.
Auch die Tatsache, dass er damit Wissenschaft direkt ablehnt, irritiert den Minister nicht. Kurz gesagt: Ist die Mathe-Aufgabe zu kompliziert für Eltern, dürfen diese festlegen, dass sie auch nichts für ihre Kinder ist. Bevor Corcoran Minister für Bildung in Florida wurde, war er Senator im Bundesstaat und verfügt über keinerlei Erfahrung im Bildungswesen.
Gouverneur DeSantis lobt indes trotzdem die neuen Pläne, die Bildungssysteme von Florida weiter massiv zu beschneiden – und auch Corcoran hält an seiner neuen Idee eisern fest: „Florida hat sich unter der Vision und Führung von Gouverneur DeSantis zu einem nationalen Vorreiter im Bildungsbereich entwickelt. Wenn es um Bildung geht, folgen andere Staaten dem Beispiel Floridas, während wir weiterhin die Rechte der Eltern stärken, indem wir uns darauf konzentrieren, ihren Kindern eine erstklassige Bildung zu bieten, ohne Angst vor Indoktrination oder gefährlichen und spaltenden Konzepten in unseren Klassenzimmern."
Der Kulturkampf in Amerika spitzt sich so im Falle Floridas weiter zu und es scheint ein besonderes Anliegen von Republikanern zu sein, die Bildung der eigenen Bevölkerung auf ein Minimum zu reduzieren und alle Themen von LGBTI* bis Black Lives Matter komplett zu verbannen sowie diverse Minderheiten schrittweise gänzlich unsichtbar zu machen. Ein perfider Plan, denn wer nicht gesehen wird, braucht auch keine Rechte. Gouverneur DeSantis hat gegenüber den großen US-Verlagshäusern angekündigt, die Lehrbücher erst dann wieder zuzulassen und einzukaufen, wenn die Verlage das gesamte beanstandete Material beseitigt hätten. Diese Zensur der Lehrbücher könnte so auch Folgen für andere US-Bundesstaaten haben.