Ukraine: LGBTI* auf der Abschussliste? Hetzjagd der Russen gegen Queers in der Ukraine
Die Situation in der Ukraine spitzt sich von Stunde zu Stunde weiter zu. Nachdem der russische Präsident Putin gestern Abend die Separatisten-Gebiete in der Ostukraine als eigenständig anerkannt hat, entsendet er inzwischen russische Truppen in die Ostukraine, angeblich zur Aufrechterhaltung des Friedens. Europa und Amerika sprechen von Völkerrechtsbruch und der ukrainische Präsident Selenskyj besteht auf der Souveränität seines Landes und forderte heute Morgen eine "deutliche" und "wirksame" Unterstützung vom Westen. Es droht ein Krieg – mitten in Europa.
Für Minderheiten wie die LGBTI*-Community könnte die Situation noch dramatischer werden, wenn russische Soldaten in die Ukraine einmarschieren. Nach Geheimdienstinformationen der USA drohen schwere Menschenrechtsverletzungen. „Insbesondere haben wir glaubwürdige Informationen, die darauf hindeuten, dass die russischen Streitkräfte Listen mit identifizierten Ukrainern erstellen, die nach einer militärischen Besetzung getötet oder in Lager geschickt werden sollen“, so die amerikanische UN-Botschafterin Bathsheba Nell Crocker in Genf in einem Schreiben an die UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Im weiteren Verlauf spricht Crocker davon, dass die russischen Streitkräfte „wahrscheinlich tödliche Maßnahmen anwenden werden, um friedliche Proteste aufzulösen.“ Die Vereinigten Staaten befürchten, dass, wie zuvor bereits geschehen, auch hier Folter zum Einsatz kommen werde, gerade auch gegenüber jenen Menschen, die Russland ein Dorn im Auge sind. Hauptziele sind laut der UN-Botschafterin Menschen „einschließlich russischer und weißrussischer Dissidenten im Exil in der Ukraine, Journalisten und Anti-Korruptionsaktivisten und gefährdete Bevölkerungsgruppen wie religiöse und ethnische Minderheiten sowie LGBTI*-Personen.“
Viele LGBTI*-Ukrainer bestätigten erst vor wenigen Tagen, dass sie bereit wären, für ihre Freiheit zu kämpfen, wie der Direktor des Kiew Pride, Lenny Emson, jüngst erklärte: "Es spielt keine Rolle, welche Geschlechtsidentität du hast, welche sexuelle Orientierung - wir treten alle gemeinsam an." Nebst den direkten Folgen einer Invasion durch Russland befürchtet Emson auch, dass sich im weiteren Verlauf die grundsätzliche Stimmung gegenüber LGBTI*-Menschen in der Ukraine verschlechtern könnte. Sein Kollege Maxim Potapovich sagte zudem: "Wir kämpfen jeden Tag für Freiheit, für Freiheit ohne Russland und für queere Menschen in der Ukraine! Der Kampf gegen Russland und der Kampf für Freiheit haben viele Gemeinsamkeiten." Während die meisten Ukrainer keine homophoben Gesetze wie in Russland wollen, sehe man ganz klar, dass auf der anderen Seite viele homophoben Ukrainer Anhänger des russischen "Schwulenpropaganda"-Gesetzes sind. Sollte sich die Situation tatsächlich zu einem Krieg entwickeln, bleibt vielen LGBTI*-Menschen nur die Flucht übrig. Das Nachbarland Polen rechnet in diesem Fall mit über einer Millionen Flüchtlingen. Für queere Menschen eine zudem dramatische Situation, würden sie doch nach dem Verlust ihrer Heimat und der Flucht vor einem homophoben russischen Regime in ein Land flüchten, das Homosexualität und queeres Leben ähnlich dramatisch ablehnt.