Suizid in Frankreich Lesbische Lehrerin begeht Selbstmord nach jahrelangem Mobbing
Eine Welle der Empörung und der Fassungslosigkeit macht sich in diesen Tagen in Frankreich breit, nachdem vor wenigen Tagen Anfang September die lesbische Grundschullehrerin und Schulleiterin Caroline Grandjean (44✝) Suizid begangen hat. Jahrelang erlebte sie Mobbing, homophobe Beleidigungen und Morddrohungen – offenbar ohne, dass irgendein Verantwortlicher einschritt.
„Verreck du Lesbe“
Seit Dezember 2023 sollen die Anfeindungen dramatisch an Fahrt aufgenommen haben. Immer wieder kam es zu homophoben Graffitis und Schmierereien an der Schule in Moussages, einer kleinen 250-Seelen-Gemeinde in der Region Auvergne-Rhône-Alpes. Die verbalen Attacken steigerten sich, schlussendlich landeten schriftliche Morddrohungen im Briefkasten der Lehrerin. Darin steht unter anderem: „Verreck, du dreckige Lesbe.” Zudem wird ihr in den Schreiben mehrfach erklärt, sie sei „ekelhaft“ und Lesben seien wie Schwule „alles Pädophile“.
Grandjean zeigt die Vorfälle an, informiert die übergeordnete Schulinspektion und das zuständige Bildungsministerium und wird schlussendlich krankgeschrieben – offenbar niemand setzt sich aber für die lesbische Lehrerin ein. Der Bürgermeister, die Lehrerkollegen und die Eltern der Schulkinder ignorieren sie, ihre vorgesetzte Schulinspektorin soll ihr sogar vorgeworfen haben, sie würde mit ihrem Vorgehen die Dorfgemeinschaft „in Verlegenheit“ gebracht haben. Immer wieder wird ihr negativ angelastet, dass sie die massiven Angriffe überhaupt öffentlich gemacht hat.
In ihrer Not wendet sich die 44-Jährige auch an den französischen Comic-Künstler Remedium, der aus ihrer Geschichte einen Comic macht – sie schildert ihm, wie sehr sie sich alleingelassen fühlt. Zuletzt meldet sie sich drei Tage vor ihrem Suizid bei ihm und informiert ihn darüber, dass ausgerechnet die Schulinspektorin befördert wurde, jene Frau, die ihr jede Unterstützung verweigert hatte. Am ersten Tag des neuen Schuljahres begeht Caroline Grandjean dann Selbstmord.
Untersuchung nach Suizid
Jetzt melden sich plötzlich Lehrerverbände und das Bildungsministerium zu Wort. Sophie Vénétitay vom Lehrerverband Snes-FSU erklärte vielsagend über die Social-Media-Plattform Bluesky: „Homophobie tötet. Fehlende Unterstützung auch“. Das französische Bildungsministerium kündigte derweil gegenüber dem Fernsehsender BFMTV auf Rückfrage eine Untersuchung an und spricht von einem „tragischen Tod“. Für Grandjean kommt das alles zu spät.
Ihre Ehefrau und Witwe Christine Paccoud prangert an, dass Caroline nie von der Schulverwaltung offiziell als Opfer von Homophobie anerkannt worden ist. Die einst engagierte Lehrerin fühlte sich unsichtbar und systematisch im Stich gelassen. Paccoud kündigte an, sie werde eine formelle Beschwerde gegen das Bildungsministerium einreichen. Ihre Liebe zu Caroline sei über den Tod hinaus ungebrochen und könne auch von Vorurteilen und Feindseligkeit nicht ausgelöscht werden, so Paccoud. Landesweit wird über die Frage diskutiert, wie es soweit überhaupt hat kommen können – eine Antwort gibt es bis jetzt nicht.
Hier gibt es Hilfe
Die Berichterstattung über Suizid ist ein überaus sensibles Thema. Wir möchten es in KEINSTER Weise glorifizieren oder romantisieren. Viele Menschen, die durch Suizid sterben, leiden an einer psychischen Erkrankung. Wenn es dir nicht gut geht oder du daran denkst, dir das Leben zu nehmen, versuche mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen du dich melden kannst. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.
Mit Beratung steht dir auch der Coming Out Day Verein via Messenger oder E-Mail unter www.coming-out-day.de zur Seite. Weiterhin gibt es von der Telefonseelsorge das Angebot eines Hilfe-Chats. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite. Informationen findest du unter: www.telefonseelsorge.de