Studie über Spätzünder Warum haben manche Menschen erst sehr spät ihr erstes Mal?
Während sich die Forschung in den letzten Jahren mit Blick auf junge queere Menschen immer wieder auf das Coming-Out und das berühmte erste Mal konzentriert hat, fanden verspätete sexuelle Erfahrungen bei Menschen bisher wissenschaftlich wenig Beachtung. Eine neue internationale Studie unter Federführung des Max Planck Instituts hat sich nun diesem Themenbereich genauer gewidmet – es ist die bisher größte Untersuchung dazu.
Komplexe Gründe
In Deutschland liegt das Durchschnittsalter für den ersten Sex bei 17 Jahren, so Untersuchungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), wobei Mädchen zumeist ein wenig früher dran sind als Jungs. Konkrete aktuelle Studien zum ersten Mal bei homosexuellen oder queeren Menschen gibt es für Deutschland bisher nicht.
Sexlosigkeit bis ins hohe Erwachsenenalter indes liegt laut dem Forscherteam an mehreren Faktoren und beruht auf einer komplexen Mischung aus psychologischen, sozialen und genetischen Aspekten. Zudem: „Menschen, die bis ins höhere Erwachsenen alter hinein keinen Sex hatten, sind im Durchschnitt gebildeter, aber einsamer, nervöser und unglücklicher als Menschen mit sexueller Erfahrung.“ In der Studie entspinnt sich dabei das Bild des klassischen Nerds: Menschen ohne Sex leben tendenziell eher zurückgezogen, tragen in jungen Jahren Brillen, sind intelligenter und konsumieren wenig oder gar keinen Alkohol oder Drogen.
Einsamkeit und Angst
Dazu komme, dass Sexlosigkeit häufiger in Regionen mit größerer sozioökonomischer Einkommensungleichheit auftrete. Bei Männern spielen weitere Punkte hinein wie die Einstellung zur Geschlechterverteilung im näheren Umfeld und die physische Stärke – Männer, die rein körperlich eher schwächer sind, neigen auch stärker dazu, noch nie Sex gehabt zu haben. Co-Autorin Laura Wesseldijk vom Max-Planck-Institut betonte dabei: „Romantische und sexuelle Beziehungen sind oft eine wichtige soziale Stütze. Ihr Fehlen ist für Viele mit Einsamkeit, Angstzuständen, depressiven Gefühlen und vermindertem Wohlbefinden verbunden.“
Die genetischen Faktoren bei der Sexlosigkeit machen etwa 15 Prozent aller Fälle aus, sie hängen dabei offenbar eng mit Intelligenz, Bildung und neurologischen Entwicklungsstörungen wie Autismus zusammen. Neben dem Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik (MPIEA) waren auch das Amsterdam University Medical Center (UMC) und die Universität von Queensland, Australien, daran beteiligt. Das Forscherteam analysierte dazu die Daten von mehr als 400.000 Briten im Alter zwischen 39 und 73 Jahren.