Straffreiheit in Namibia Sexuelle gleichgeschlechtliche Handlungen sind jetzt legal – droht eine neue Welle von homophobem Hass?
Große Freude in Namibia – entgegen dem landesweiten Negativtrend zur Schaffung neuer Anti-Homosexuellen-Gesetze, hat sich das namibische Oberste Gericht heute für die Gay-Community im Land ausgesprochen. Die Richter erklärten ein Sodomie-Gesetz aus der Kolonialzeit für verfassungswidrig und legalisierten damit im Grundsatz sexuelle Handlungen zwischen Schwulen und Lesben im Land.
Liebe ist keine Straftat mehr
Konkret erklärten die Richter: „Welche Bedrohung stellt ein schwuler Mann für die Gesellschaft dar – und wer muss vor ihm geschützt werden? Wir sind der festen Überzeugung, dass das Erzwingen privater Moralvorstellungen eines Teiles der Gesellschaft – selbst, wenn es die Mehrheit wäre – nicht als legitimer Grund gelten kann."
Dem Urteil war eine Klage des Schwulenaktivisten Friedel Dausab vorausgegangen, der sich mit Hilfe der britischen LGBTI*-Organisation Human Dignity Trust durch die Instanzen geklagt hatte. Gegenüber Reuters erklärte Dausab heute: „Ich bin einfach nur glücklich! Das ist ein großartiger Tag für Namibia. Liebe wird keine Straftat mehr sein. Wegen dieser Entscheidung muss ich mich nicht länger als Krimineller in meinem eigenen Land fühlen.“
Mehr Hass auf den Straßen
So groß die Freude einerseits ist, so groß sind auch die Bedenken in der Gay-Community, durch die jüngste Rechtsprechung erneut eine Welle von Gewalt und Hass gegen Schwule und Lesben heraufzubeschwören. Bereits im Mai letzten Jahres hatte das Oberste Gericht geurteilt, dass nicht-einheimische Ehepartner von gleichgeschlechtlichen Ehen, die im Ausland geschlossen worden sind, ein Aufenthaltsrecht in Namibia erhalten müssen. Die Folge war eine Flut von Hass und Homophobie auf den Straßen des Landes, angefeuert von der Regierung und religiösen Extremisten.
Regierung stellt sich gegen Urteil
Die Fronten können sich dabei durchaus noch weiter verhärten, denn noch vor Gericht hatte Generalstaatsanwalt Festus Mbandeka das Sodomie-Gesetz verteidigt. Mbandeka erklärte, die namibische Bevölkerung sei nicht bereit dafür, Homosexualität zu legalisieren – eine Entscheidung darüber könne dabei nur durch das Parlament erfolgen. Nach dem Gerichtsurteil kritisierte der Jurist auch ganz direkt das Oberste Gericht für seine jüngste Entscheidung, denn die Verfassung des Landes verbiete Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht. Der Streit scheint also vorprogrammiert.
Gay-Community ist kampfbereit
Und auch die Gay-Community zeigt sich kampfbereit, getreu dem Motto: Jetzt erst recht. Omar van Reenen, Gründer der Organisation "Equal Namibia", erklärte gegenüber der Deutschen Welle: „Wir brauchen einen Präzedenzfall, auf den wir uns stützen können und der die Grundlage für den Schutz künftiger Generationen bildet.“ Die Gruppe fordert jetzt einen Volksentscheid über die Rechte von Schwulen und Lesben. „Es würde sicher eng, aber die Mehrheit würde am Ende für Ja stimmen“, so einer der Aktivisten.