Direkt zum Inhalt
Straffreiheit in Namibia
Rubrik

Straffreiheit in Namibia Sexuelle gleichgeschlechtliche Handlungen sind jetzt legal – droht eine neue Welle von homophobem Hass?

ms - 21.06.2024 - 15:00 Uhr

Große Freude in Namibia – entgegen dem landesweiten Negativtrend zur Schaffung neuer Anti-Homosexuellen-Gesetze, hat sich das namibische Oberste Gericht heute für die Gay-Community im Land ausgesprochen. Die Richter erklärten ein Sodomie-Gesetz aus der Kolonialzeit für verfassungswidrig und legalisierten damit im Grundsatz sexuelle Handlungen zwischen Schwulen und Lesben im Land. 

Liebe ist keine Straftat mehr

Konkret erklärten die Richter: „Welche Bedrohung stellt ein schwuler Mann für die Gesellschaft dar – und wer muss vor ihm geschützt werden? Wir sind der festen Überzeugung, dass das Erzwingen privater Moralvorstellungen eines Teiles der Gesellschaft – selbst, wenn es die Mehrheit wäre – nicht als legitimer Grund gelten kann."

Dem Urteil war eine Klage des Schwulenaktivisten Friedel Dausab vorausgegangen, der sich mit Hilfe der britischen LGBTI*-Organisation Human Dignity Trust durch die Instanzen geklagt hatte. Gegenüber Reuters erklärte Dausab heute: „Ich bin einfach nur glücklich! Das ist ein großartiger Tag für Namibia. Liebe wird keine Straftat mehr sein. Wegen dieser Entscheidung muss ich mich nicht länger als Krimineller in meinem eigenen Land fühlen.“

Mehr Hass auf den Straßen

So groß die Freude einerseits ist, so groß sind auch die Bedenken in der Gay-Community, durch die jüngste Rechtsprechung erneut eine Welle von Gewalt und Hass gegen Schwule und Lesben heraufzubeschwören. Bereits im Mai letzten Jahres hatte das Oberste Gericht geurteilt, dass nicht-einheimische Ehepartner von gleichgeschlechtlichen Ehen, die im Ausland geschlossen worden sind,  ein Aufenthaltsrecht in Namibia erhalten müssen. Die Folge war eine Flut von Hass und Homophobie auf den Straßen des Landes, angefeuert von der Regierung und religiösen Extremisten.

Regierung stellt sich gegen Urteil

Die Fronten können sich dabei durchaus noch weiter verhärten, denn noch vor Gericht hatte Generalstaatsanwalt Festus Mbandeka das Sodomie-Gesetz verteidigt. Mbandeka erklärte, die namibische Bevölkerung sei nicht bereit dafür, Homosexualität zu legalisieren – eine Entscheidung darüber könne dabei nur durch das Parlament erfolgen. Nach dem Gerichtsurteil kritisierte der Jurist auch ganz direkt das Oberste Gericht für seine jüngste Entscheidung, denn die Verfassung des Landes verbiete Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht. Der Streit scheint also vorprogrammiert. 

Gay-Community ist kampfbereit

Und auch die Gay-Community zeigt sich kampfbereit, getreu dem Motto: Jetzt erst recht. Omar van Reenen, Gründer der Organisation "Equal Namibia", erklärte gegenüber der Deutschen Welle: „Wir brauchen einen Präzedenzfall, auf den wir uns stützen können und der die Grundlage für den Schutz künftiger Generationen bildet.“ Die Gruppe fordert jetzt einen Volksentscheid über die Rechte von Schwulen und Lesben. „Es würde sicher eng, aber die Mehrheit würde am Ende für Ja stimmen“, so einer der Aktivisten. 

Auch Interessant

Kampf gegen Menschenrechte

Neues Gesetzvorhaben in Namibia

Kein Ende in Sicht: Namibias Regierung stellt sich erneut gegen die liberalen Obersten Richter des Landes und gegen LGBTIQ+ Rechte.
Fluchtwelle in den USA

Angst bei LGBTIQ+ Jugendlichen

Aus Angst vor Hass und Anfeindung verließen 2024 rund 266.000 queere Jugendliche in den USA ihren Heimat-Bundestaat.
Strafanzeige gegen AfD

Linke queer geht gegen AfD vor

Die Linke queer hat Strafanzeige gegen die AfD in der Stadt Falkensee gestellt. Streitpunkt sind Regenbogenfahnen an öffentlichen Gebäuden.
Queere Gesundheitsversorgung

Neue Wege in Thailand

Nach der Einführung der Homo-Ehe geht Thailands Regierung erneut auf die Community zu und schafft Verbesserungen im Gesundheitsbereich.
Strafanzeige gegen Milei

Rede mit juristischen Folgen

Strafanzeige gegen Argentiniens Staatspräsident Javier Milei: In einer Rede setzte er Homosexualität mit Pädophilie gleich.
AfD-Verbot

Debatte im Bundestag

Der LSVD+ begrüßt die Debatte um ein mögliches Verbot der AfD und betont die queerfeindliche Haltung der Partei.
Community in Großbritannien

Die Community wächst stark

In Großbritannien definieren sich mehr Menschen als jemals zuvor als lesbisch, schwul oder bi, besonders stark vertreten sind bisexuelle Personen.
Richtlinien an US-Schulen

Trump unterzeichnet neue Verordnung

US-Präsident Donald Trump heut jetzt neue Verbote für alle staatlichen Schulen festgesetzt - betroffen sind insbesondere queere Schüler.
Problemfall Slowakei

Neue Gesetze gegen LGBTIQ+

Problemfall Slowakei: Regierungschef Fico kämpft jetzt mit neuen Gesetzen gegen die LGBTIQ+ Community.