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Impfkommission rät zu Affenpocken-Impfung

Stiko rät zu Affenpocken-Impfung Homosexuelle mit wechselnden Partnern sollten sich impfen lassen

ms - 09.06.2022 - 15:03 Uhr
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Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine Impfung gegen Affenpocken für Risikogruppen – im Besonderen erwähnt die Kommission dabei homosexuelle Männer mit wechselnden Partnern. Der in der EU zugelassene Pockenimpfstoff Imvanex soll dafür zur Verfügung stehen, bis Mitte Juni erwartet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die ersten 40.000 Einheiten. Weitere 200.000 Dosen sollen folgen.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hält eine Impfung dabei besonders für Menschen sinnvoll, die einen engen körperlichen Kontakt zu Infizierten hatten sowie für das Personal in Laboren mit ungeschütztem Kontakt zu Proben und für “homosexuelle Männer mit wechselnden Partnern“. Aktuell gibt es über 1.000 Infizierte in 29 Ländern außerhalb des Ursprungslandes Afrika, besonders hoch sind die Fallzahlen derzeit in Großbritannien (300+) und in Deutschland (130+). Die Deutsche Aidshilfe stellte dabei fest, dass sich in Deutschland durchwegs nur Männer mit dem Virus infiziert haben und dass es sich dabei nach aktuellem Stand nur um Männer handle, die Sex mit anderen Männern haben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte in diesem Zusammenhang vor Festivals und Pride-Veranstaltungen im Sommer, die zu Spreader-Events für das Virus werden könnten. Zuletzt hatte sich das Virus wesentlich auch durch einen Pride auf Gran Canaria und durch ein schwules Fetisch-Festival in Antwerpen verbreitet. LGBTI*-Organisationen und Vereine warnen vor einer Stigmatisierung von homosexuellen Männern.

Die gesundheits- und queerpolitische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler, erklärte: „Normalerweise würden wir vor allem vor Stigmatisierung warnen, aber das Infektionsgeschehen ist nach derzeitigem Kenntnisstand so eindeutig, dass es nur eine vernünftige Konsequenz geben kann: Schwule und bisexuelle Männer müssen zügig Impfangebote gegen Affenpocken erhalten. Wir sollten unaufgeregt zur Kenntnis nehmen, dass nach den bisherigen Erkenntnissen die Verbreitungsherde der Affenpocken in erster Linie Orte sind, an denen sich schwule und bisexuelle Männer zum Sex trafen. In Deutschland sind bislang ausschließlich Männer betroffen, die - soweit bekannt - schwul oder bisexuell sind.“

Im weiteren Verlauf stellt Vogler dabei zudem klar, dass sich die Fehler der Vergangenheit in puncto HIV nicht wiederholen dürften: „Die Affenpocken sind nicht vergleichbar mit HIV/Aids, und keinesfalls dürfen sich die Fehler der 1980er wiederholen, als Betroffenengruppen für die Ausbreitung der Krankheit verantwortlich gemacht wurden. Aber nüchtern ist zu betrachten, wo sich die Affenpocken derzeit ausbreiten. Da aufgrund der langen Inkubationszeit von drei Wochen erst die Spitze des Eisbergs sichtbar ist, ist schnelles Handeln geboten. Ich fordere das Bundesgesundheitsministerium auf, gemeinsam mit Organisationen, die über eine hohe zielgruppenspezifische Kompetenz verfügen, wie den Aidshilfen, schnell eine Aufklärungs- und Impfkampagne zu starten und zügig mit dem Impfen in der Betroffenengruppe zu beginnen, um die Erkrankung schnell einzudämmen. Dies betrifft schwule und bisexuelle Männer, insbesondere mit wechselnden Sexualpartnern und insbesondere in Regionen mit hohen Fallzahlen. Andere Vorschläge, die Krankheit einzudämmen, etwa indem man Kondome benutzt, sind angesichts der Übertragungswege schlicht unzureichend. Auch Appelle an die sexuelle Enthaltsamkeit werden nach zwei Jahren Coronapandemie nur bedingt helfen, schnelle Impfangebote für die Betroffenen jedoch schon.“

Auch in den anderen Ländern verbreitet sich die Virus-Infektion zum allergrößten Teil unter homosexuellen Männern, grundsätzlich kann das Virus aber nach engem Körperkontakt alle Menschen gleichermaßen befallen. Die aktuelle Virusvariante ist eine mildere Ausprägung der in Afrika oftmals auftretenden Affenpocken-Infektion und verläuft in Europa größtenteils bisher mit sehr milden Symptomen. In Deutschland ist Berlin derzeit das Epizentrum, mehr als die Hälfte aller diagnostizierten Fälle kommen aus der Bundeshauptstadt.

Der genaue Schlüssel zur Verteilung der Impfdosen wird derzeit noch vom Gesundheitsministerium erarbeitet, grundsätzlich sind zwei Einheiten für eine vollständige Impfung nötig. In der EU ist der Pockenimpfstoff Imvanex bereits zugelassen und soll auch in hohem Maße gegen Affenpocken wirken. Der Beschlussentwurf der Stiko muss nun noch in ein sogenanntes Stellungnahme-Verfahren in den Bundesländern und den beteiligten Fachkreisen durchlaufen, bevor die Impf-Empfehlung als endgültig und offiziell eingestuft wird.

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