Direkt zum Inhalt
Sexskandal um Ex-Abercrombie-Boss
Rubrik

Skandal um Ex-Abercrombie-Boss Missbrauch von jungen Männern – 20 Opfer packten jetzt gegenüber der BBC aus

ms - 16.09.2024 - 10:00 Uhr

Es ist der tiefe Fall eines einstmals strahlenden Geschäftsmannes – Ex-Abercrombie-Chef Michael Jeffries (80). Von 1992 an schaffte er es, die fast in Vergessenheit geratene Modemarke Abercrombie & Fitch binnen weniger Jahre zur begehrten Weltmarke auszubauen – einige Jahre lang war er deswegen einer der bestbezahlten CEOs der USA. Dann wurden erste Vorwürfe von sexuellem Missbrauch, Ausbeutung und extrem menschenverachtenden Geschäftsmethoden bekannt, schlussendlich musste er 2014 zurücktreten. 

Massenhafter Missbrauch

Ein Jahrzehnt später hat die BBC nun nach jahrelangen Recherchen ausführliche Details zu den Sexpartys von Jeffries und seinem Ehemann Matthew Smith (61) veröffentlicht. Es sind schwerwiegende Vorwürfe, die nun publik werden, die BBC dokumentierte dabei die Aussagen von 20 Männern, die von dem Ehepaar missbraucht worden sein sollen. 

Zu den Sexpartys von Jeffries wurden immerzu nur gutaussehende, sehr junge Männer rekrutiert – laut BBC-Recherchen über eine E-Mail-Adresse eines Mittelsmannes von A&F. Ein pikantes Detail, weil das Modeunternehmen bis heute behauptet, nichts von den Partys gewusst zu haben, bei denen offenbar viele junge Männer genötigt oder sexuell missbraucht worden sind. Die Events fanden dabei immer in Hotels, dem Luxus-Anwesen des Paars in den Hamptons (New York) oder auch in anderen Locations in London, Paris, Venedig, Marrakesch und der Karibik statt. 

Im Interview mit der BBC gaben die Männer jetzt an, misshandelt und zu sexuellen Handlungen gezwungen worden zu sein. Bereits vorab war bekannt geworden, dass viele Männer sich widerwillig zu den Party eingelassen hatten, oftmals in der Hoffnung, als Model Karriere machen zu können. 

Ausbeutung heterosexueller Männer 

Ein Model namens Keith Milkie erzählte der britischen BBC, dass das schwule Paar mit Vorliebe heterosexuelle Männer für ihre Partys einluden. „Das war die Ausbeutung heterosexueller Männer, sie wollten keine Schwulen. Sie wollten heterosexuelle Männer, die sie irgendwie zwingen konnten, das macht die Sache noch fantastischer.“ 

Ein anderer Mann berichtete von bizarren Rollenspielen und wie beide Männer, Jeffries und Smith, versuchten, ihn in einer Hotel-Suite in Spanien gewaltsam zu Oralsex zu zwingen. „Ich habe versucht, die ganze Situation so weit wie möglich zu vermeiden, aber Michael war sehr aggressiv. Ich habe wiederholt versucht, Nein zu sagen. Ich habe ständig Nein gesagt. Es ist mit sehr viel Scham verbunden, kein echter Mann zu sein, wenn man von einem anderen Mann sexuell ausgebeutet oder belästigt wurde.“ Flüchten konnte der junge Mann indes auch nicht, die Eingänge wurden von Assistenten bewacht. 

Ein weiteres Opfer namens Chris berichtete, wie ein Mitarbeiter des CEOs auf dessen Anweisung hin ihm gegen seinen Willen in einem Townhouse in Manhattan „flüssiges Viagra“ in den Penis gespritzt hat. Ihm wurde daraufhin heiß und schwindelig, doch  Jeffries und Smith weigerten sich, einen Krankenwagen zu rufen, sondern versucht indes erneut, mit ihm Sex zu haben. 

Jugendwahn und Schönheitskult 

Die Marketingstrategie unter Jeffries konzentrierte sich damals auf gutaussehende junge Männer. Abercrombie & Fitch stellte ausschließlich durchtrainierte Männer-Models vor seine Läden, die oberkörperfrei Kundschaft anlocken mussten – neue Store-Eröffnungen wurden zu großen Events mit hunderten Fans, die stundenlang Schlange standen. Gerade auch in der Gay-Community war A&F einige Jahre lang sehr beliebt. 

Jeffries selbst verfiel dabei offenbar immer mehr dem Jugendwahn und verkleinerte so die Größen der Kleidung – wo XL draufstand, war L drinnen. In früheren Interviews hatte der heute 80-Jährige mit einem Hang zur plastischen Chirurgie erklärt, er wolle nur schöne Menschen in seinen Läden, alle anderen sollten wegbleiben. 

Nach und nach äußerten sich zuletzt auch immer mehr ehemalige Mitarbeiter über die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen. Jene oberkörperfreien Männer beispielsweise durften auch im Winter erst dann einen Mantel tragen, wenn die Temperatur unter zehn Grad Celsius fiel – trotzdem musste der Kragen offen bleiben. Das berühmteste Oben-ohne-Model war der heutige Schauspieler Channing Tatum („Magic Mike“). A&F stellte sich 2017 komplett neu auf und begrüßt heute Kundschaft jeder Altersklasse und Körpergröße. 

Auch Interessant

Queere Pilgerreise nach Rom?

Eine Farce ohne kirchlichen Segen

Die erste LGBTI*-Pilgerreise nach Rom findet 2025 statt. Ein Grund zum Jubeln? Der Vatikan selbst will davon allerdings gar nichts wissen.
Genitalherpes

WHO warnt vor Ausbreitung

Die WHO warnt jetzt vor der weiteren Ausbreitung von Genitalherpes. Stigmata und Scham befeuern Neu-Infektionen, gerade bei sexpositiven Menschen.
Schwule Suchanfragen

Wonach suchen wir online?

Wonach suchen wir online, wenn uns die Lust überkommt? Pornhub hat jetzt die Jahresstatistik für 2024 veröffentlicht.
Diskriminierung im Jobcenter?

Linke queer erhebt schwere Vorwürfe

Die Linke queer erhebt schwere Vorwürfe gegen die Jobcenter in Deutschland: Queere Menschen würden beim Bürgergeld stellenweise diskriminiert werden.
Bilanz zum queeren Aktionsplan

Lehmann und Paus betonen Erfolge

Der queere Aktionsplan sollte 2025 starten, dank der Neuwahlen wird daraus wohl eher nichts. Das Bundesfamilienministerium betont trotzdem Erfolge.
Streit um eine Weihnachtsfeier

Hetze einer Anti-LGBTI*-Gruppe

Darf eine LGBTI*-Gruppe an der Weihnachts-Parade einer US-Kleinstadt teilnehmen? Darüber wurde jetzt im Bundesstaat Alabama heftig gestritten.
Ende der Menschenrechte

FIFA vergibt WM nach Saudi-Arabien

Ende der Menschenrechte: Die Fußballweltmeisterschaften 2030 und 2034 finden in Saudi-Arabien und Marokko statt - Homosexualität ist dort illegal.
Urteil in Mönchengladbach

Haftstrafen nach Dating-Masche

Urteil in NRW: Mehrjährige Haft- und Bewährungsstrafen für vier junge Täter, die Homosexuelle dateten und brutal ausraubten.
Aktivisten leben gefährlich

Jeder Zehnte erlebt Gewaltandrohungen

Jeder zehnte Aktivist erlebt Gewaltandrohungen, so eine neue Studie. Amnesty International fordert mehr Schutz von Seiten der Behörden.