Sinneswandel bei Merz? Merz räumt Fehler ein und bestärkt den Wert homosexueller Beziehungen
Ist es ein echter Sinneswandel oder politisches Kalkül? Die Zuschauer am gestrigen Abend im Konrad-Adenauer-Haus waren sich mehrheitlich offenbar einig darüber, dass der CDU-Parteichef Friedrich Merz tatsächlich und ernsthaft einen Schritt auf Homosexuelle zugemacht hat.
Umdenken nach Sturm der Entrüstung?
Die schwul-lesbische Vereinigung innerhalb der CDU, die LSU, hatte zum 25-jährigen Jubiläum der Gruppe eingeladen – als Festredner war Merz geladen. Zudem mit dabei waren zahlreiche CDU-Bundestagsgeordnete, darunter auch der schwule ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn. Die Rede von Merz war auch insofern im Vorfeld kritisch bewertet worden, weil Merz zuletzt noch 2020 Homosexualität inhaltlich in die Nähe von Pädophilie gerückt hatte.
In einer Talkshow hatte er so erklärt: „So lange sich das im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft – an der Stelle ist für mich allerdings eine absolute Grenze erreicht – ist das kein Thema für die öffentliche Diskussion.“ Was folgte, war ein Sturm der Entrüstung, auch innerhalb der eigenen Partei sowie bei der LSU.
Selbstkritik und Stärkung von Schwulen und Lesben
Nun die inhaltliche Kehrwende – zunächst übte der 67-Jährige offenbar Selbstkritik und erklärte: „Wir bewegen uns selbst. Tun wir das nicht, dann stehen wir im Weg. Der notwendigen Veränderung und auch uns selbst (…) Wir sehen die Dinge anders, wir sehen sie richtig. Wir haben von Ihnen gelernt, die Dinge anders und richtig zu sehen – und ich will es offen sagen: ich auch.“
Anschließend brandete Applaus im Konrad-Adenauer-Haus auf. Des Weiteren erklärte der Parteichef: „Natürlich werden, wenn Mann Mann liebt und Frau Frau liebt, Werte gelebt, die unsere Gesellschaft auszeichnen. Das ist Treue, das ist Füreinander sorgen, das ist gegenseitige Verantwortung. Und dass wir das heute so sehen und dass wir das heute so sagen, hat ganz maßgeblich mit ihrem 25-jährigen Engagement zu tun. Und dafür will ich Ihnen ein herzliches Wort des Dankes sagen.“
CDU-Entwicklung der letzten 15 Jahre
Für die CDU ist die Anerkennung der Rechte von Homosexuellen eine inhaltliche Drehung um 180 Grad – erst Ende 2007 erwähnte das Grundsatzprogramm der Partei erstmals gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Im Jahr 2017 machte die damalige CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel dann den Weg frei für die gleichgeschlechtliche Ehe, indem sie den Fraktionszwang im Bundestag aufhob und eine Mehrheit der Abgeordneten so für die Einführung stimmen konnte. Der LSU-Verband selbst wurde erst 2022 als offizielle Sonderorganisation in der Partei anerkannt, maßgeblich unterstützt vom derzeitigen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner.