Direkt zum Inhalt
Sinneswandel bei Merz?

Sinneswandel bei Merz? Merz räumt Fehler ein und bestärkt den Wert homosexueller Beziehungen

ms - 20.10.2023 - 12:00 Uhr
Loading audio player...

Ist es ein echter Sinneswandel oder politisches Kalkül? Die Zuschauer am gestrigen Abend im Konrad-Adenauer-Haus waren sich mehrheitlich offenbar einig darüber, dass der CDU-Parteichef Friedrich Merz tatsächlich und ernsthaft einen Schritt auf Homosexuelle zugemacht hat.

Umdenken nach Sturm der Entrüstung?

Die schwul-lesbische Vereinigung innerhalb der CDU, die LSU, hatte zum 25-jährigen Jubiläum der Gruppe eingeladen – als Festredner war Merz geladen. Zudem mit dabei waren zahlreiche CDU-Bundestagsgeordnete, darunter auch der schwule ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn. Die Rede von Merz war auch insofern im Vorfeld kritisch bewertet worden, weil Merz zuletzt noch 2020 Homosexualität inhaltlich in die Nähe von Pädophilie gerückt hatte.

In einer Talkshow hatte er so erklärt: „So lange sich das im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft – an der Stelle ist für mich allerdings eine absolute Grenze erreicht – ist das kein Thema für die öffentliche Diskussion.“ Was folgte, war ein Sturm der Entrüstung, auch innerhalb der eigenen Partei sowie bei der LSU.

Selbstkritik und Stärkung von Schwulen und Lesben

Nun die inhaltliche Kehrwende – zunächst übte der 67-Jährige offenbar Selbstkritik und erklärte: „Wir bewegen uns selbst. Tun wir das nicht, dann stehen wir im Weg. Der notwendigen Veränderung und auch uns selbst (…) Wir sehen die Dinge anders, wir sehen sie richtig. Wir haben von Ihnen gelernt, die Dinge anders und richtig zu sehen – und ich will es offen sagen: ich auch.“

Anschließend brandete Applaus im Konrad-Adenauer-Haus auf. Des Weiteren erklärte der Parteichef: „Natürlich werden, wenn Mann Mann liebt und Frau Frau liebt, Werte gelebt, die unsere Gesellschaft auszeichnen. Das ist Treue, das ist Füreinander sorgen, das ist gegenseitige Verantwortung. Und dass wir das heute so sehen und dass wir das heute so sagen, hat ganz maßgeblich mit ihrem 25-jährigen Engagement zu tun. Und dafür will ich Ihnen ein herzliches Wort des Dankes sagen.“

CDU-Entwicklung der letzten 15 Jahre

Für die CDU ist die Anerkennung der Rechte von Homosexuellen eine inhaltliche Drehung um 180 Grad – erst Ende 2007 erwähnte das Grundsatzprogramm der Partei erstmals gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Im Jahr 2017 machte die damalige CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel dann den Weg frei für die gleichgeschlechtliche Ehe, indem sie den Fraktionszwang im Bundestag aufhob und eine Mehrheit der Abgeordneten so für die Einführung stimmen konnte. Der LSU-Verband selbst wurde erst 2022 als offizielle Sonderorganisation in der Partei anerkannt, maßgeblich unterstützt vom derzeitigen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner.   

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Neue Richtlinien beim Dating

Großbritannien verschärft Regeln

Wer ab heute in Großbritannien eine schwule Dating-App öffnen will, braucht eine Altersverifikation - auch als Tourist. Ein Vorbild für Deutschland?
Ende der Antidiskriminierung

Queere Petition als letzte Rettung?

Die EU hat das geplante Antidiskriminierungsgesetz ad acta gelegt, Kritiker befürchten massive Einschnitte, queere Vereine fordern nun ein Umdenken.
Ermittlung gegen Bürgermeister

Vorgehen nach Budapest Pride

Ungarn macht ernst: Budapests Bürgermeister Gergely Karacsony muss kommende Woche zum Polizeiverhör erscheinen, weil er den CSD möglich machte.
Regenbogen über dem Bundesrat

Pride-Flagge wird zum CSD gehisst

Der Streit geht weiter: Der Bundesrat wird zum Berliner CSD die Regenbogenfahne hissen - anders als am Bundestag.
Freiheit für Hernández Romero

125 Tage im Foltergefängnis

Der schwule Maskenbildner Andry Hernández Romero ist frei! Die USA hatte ihn zuvor ohne Prozess in ein Foltergefängnis nach El Salvador abgeschoben.
Peter Schmidt ist tot

Hamburger Designer von Weltruf

Das lila Design von Milka oder ikonische Parfümflakons: In seiner Wahlheimat Hamburg verstarb der schwule Star-Designer Peter Schmidt mit 87 Jahren.
Besserer Schutz im Club

Awareness-Konzept in Wien

40 % der Wiener fühlen sich unsicher beim Clubbing, gerade auch queere Menschen. Ab 2026 wird ein Awareness-Konzept bei Events deswegen zur Pflicht.
Urteil mit großer Bedeutung

Präzedenzfall für US-Queers?

Ein Gericht in Kanada setzte vorerst die Ausweisung eines queeren US-Bürgers aus. Begründung: In den USA könnte es nicht mehr sicher für LGBTIQ* sein.
Hass-Kampagne in der Türkei

Perfide Umfrage in der Bevölkerung

Die Türkei geht mit immer extremeren Mitteln gegen die Community vor, jetzt soll eine perfide Befragung der Bevölkerung den Hass auf LGBTIQ+ befeuern.