Singapur: Verbot von schwulem Sex bleibt Sex unter Männern bleibt in Singapur verboten
„Das Urteil bedeutet, dass queere Männer in Singapur immer noch Kriminelle sind und einer Kultur der Scham und Homophobie ausgesetzt sind!“
Das oberste Gericht Singapurs hat jetzt die Anfechtung eines Gesetzes, das Sex zwischen Männern unter Strafe stellt, abgewiesen. Ein Gremium von Richtern wies die Berufung von drei schwulen Männern mit der Begründung ab, dass ihnen nach dem Gesetz "keine reale und glaubwürdige Strafverfolgung droht."
Das jüngste Urteil bezieht sich auf eine Anfechtung einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2020. Die drei Homosexuellen hatten sich dabei auf den Abschnitt 377A des Strafgesetzbuches konzentriert – der Abschnitt war 1938 eingeführt worden, als der Stadtstaat noch unter britischer Kolonialherrschaft stand. Er verbietet einvernehmliche, gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Männern. Bei einer Zuwiderhandlung sieht das Gesetz Haftstrafen von bis zu zwei Jahren vor.
Zwar räumen die Richter in dem Urteil ein, dass das archaische Gesetz "seit langem ein Blitzableiter der Polarisierung" ist, aber das Gericht sieht darin trotzdem keinen Verstoß gegen die Verfassung. Deswegen hoben die Richter das Gesetz nicht auf, bekräftigten aber die Aussetzung der Vollstreckung und Verhaftung von Männern, die schwulen Sex praktizieren.
Die Richter stellten zudem fest, dass das Gesetz wegen seiner "symbolischen Bedeutung für den konservativen Mainstream in Singapur" bestehen bleibt. Salopp gesagt: Gesetzlich gesehen ist schwuler Sex in Singapur zur Freude aller Konservativen weiter strafbar, wird aber nicht verfolgt oder geahndet. Eine sehr spezielle Auslegung von Rechtsverständnis, möchte man meinen.
Geklagt hatten der DJ Johnson Ong Ming, der ehemalige Geschäftsführer einer örtlichen LGBTI*-Organisation Bryan Choong Chee Hoong sowie Roy Tan Seng Kee, ein Arzt im Ruhestand. Letzterer zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP enttäuscht:
„Das Urteil geht nicht weit genug, weil das Gesetz in den Büchern bleibt. Dieses Gesetz ist ein großes Zeichen für die Gesellschaft, dass schwule Männer immer noch kriminell sind, auch wenn sie nicht strafrechtlich verfolgt werden."
Er und seine Mitstreiter wollen versuchen, weitere rechtliche Schritte anzugehen.
Bestürzt zeigte sich auch Téa Braun, Geschäftsführerin des Human Dignity Trust:
„Das Urteil des Berufungsgerichts bedeutet, dass queere Männer in Singapur immer noch effektiv nicht erfasste Kriminelle sind und einer Kultur der Scham und Homophobie ausgesetzt sind. Gesetze, die 1938 die Ansichten der Gesellschaft über sexuelle Handlungen zwischen Männern zum Ausdruck bringen sollten, haben in einer Demokratie des 21. Jahrhunderts wie Singapur keinen Platz mehr. Jetzt, da der Kampf vor den Gerichten vorbei ist, muss die Regierung Singapurs die großen Fortschritte, die in letzter Zeit bei der Modernisierung anderer Gesetze zu Sexualdelikten gemacht wurden, durch eine Reform des Strafrechts, das LGBTI*-Menschen diskriminiert, wiederholen!“
Das Thema Homosexualität wird seit Jahren in Singapur öffentlich diskutiert, wobei schwuler Sex im Inselstaat nach wie vor tabuisiert wird und kaum akzeptiert ist. An dieser grundsätzlichen Gesinnung dürfte das neue Urteil leider nichts ändern.