Sicheres Herkunftsland? Faeser, Baerbock und Lehmann müssten laut LSVD sofort handeln!
Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) übt jetzt scharfe Kritik an einem Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums. Ziel dabei ist es, Georgien und Moldau zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, um so Asylbewerber aus diesen Ländern verstärkt zurück in ihre Heimat senden zu können. Nach Ansicht des LSVD könnten weitere Staaten folgen. Für den Verein ist dabei klar: Die damit einhergehenden Einschränkungen im Asylverfahren würden gerade auch LGBTI*- Asylbewerber hart treffen.
Streit um die Definition von sicheren Herkunftsländern
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1996 festgelegt, wie ein „sicheres Herkunftsland“ zu definieren sei, kurz gesagt muss im jeweiligen Land die Sicherheit vor politischer Verfolgung für alle Menschen und landesweit gegeben sein. Nicht nur Deutschland, auch andere Länder haben oder planen aktuell, die Liste der „sicheren Herkunftsländer“ zu erweitern, wurden dabei aber auch immer wieder teilweise von den Gerichten gestoppt. Zuletzt hatte das Oberste Verwaltungsgericht in Frankreich geurteilt, dass Ghana und Senegal gerade aufgrund ihrer homophoben Haltung und der Verfolgung von Schwulen und Lesben nicht als sichere Herkunftsländer einzustufen seien.
Rechtsbruch mit Ansage?
Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des LSVD zeigt sich deswegen auch mit Blick auf die aktuellen Pläne des Bundesinnenministeriums verärgert: „Dass die Bundesregierung nun – anstatt die LSBTIQ*-Verfolgerstaaten Ghana und Senegal zu streichen – auch noch eine Ausweitung der Liste betreibt, ist ein Rechtsbruch der Bundesregierung mit Ansage. Dies passiert ganz klar auch auf Kosten LSBTIQ* Geflüchteter aus diesen Ländern. Stellen sie in Deutschland einen Asylantrag, kämen sie in beschleunigte Verfahren. Bei einer Ablehnung ist die Klagefrist dann verkürzt, und auch aus einer laufenden Klage heraus können sie abgeschoben werden. Da viele LSBTIQ* sich gerade zu Anfang des Asylverfahrens oft nicht trauen, ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität anzusprechen und ihre Verfolgungserfahrungen vorzutragen, würde die Einstufung gerade LSBTIQ* aus diesen Ländern in akute Gefahr bringen.“
Homosexuellen-Verfolgung in "sicheren" Herkunftsstaaten
Die Entwicklung weltweit geht dabei scherenmäßig immer mehr auseinander, wie unlängst auch die ILGA Europe feststellte. Während in einigen Ländern die Rechte von Homosexuellen und queeren Menschen immer mehr gestärkt werden, verfallen andere Länder wie zuletzt Uganda in puncto schwul-lesbischer Menschenrechte wieder ins finsterste Mittelalter. Der LSVD hält dabei auch fest, dass weder in Ghana und im Senegal, noch in den möglicherweise bald ebenso als „sicher“ einstufenden Staaten wie Marokko, Tunesien oder Algerien die Lage tatsächlich sicher sei.
„In den bereits als angeblich sicher eingestuften Staaten Ghana und Senegal werden LSBTIQ* verfolgt und mit mehrjährigen Haftstrafen bedroht. Die gesellschaftliche Ächtung ist massiv. Das Gleiche gilt für die Maghrebstaaten Algerien, Marokko und Tunesien, deren Einstufung die schwarz-rote Bundesregierung 2019 bereits erfolglos betrieben hat. In Tunesien beispielsweise werden weiterhin als schwul verdächtigte Männer Zwangsanaluntersuchungen unterzogen, die international und auch von Deutschland als Folter geächtet sind. Zwar bestehen etwa in Georgien wie auch in Moldau keine Strafgesetze gegen Homosexualität, jedoch sind LSBTIQ* dort nicht vor der teils massiven gesellschaftlichen Gewalt und Diskriminierung geschützt“, so Dörr weiter.
Forderung an Faeser, Baerbock und Lehmann
Konkret erklärt der LSVD so auch abschließend: „Wir fordern Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und die Einstufung von Ghana und Senegal endlich zu suspendieren. Wir erwarten von Außenministerin Annalena Baerbock, dass sie klar und öffentlich benennt, dass in keinem der diskutierten Länder LSBTIQ* sicher vor Verfolgung sind. Der Queer-Beauftragte Sven Lehmann, die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan und die Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg müssen sich klar gegen das Vorhaben positionieren. Auch rufen wir die Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP, die einen queerpolitischen Aufbruch und eine feministische Außenpolitik versprochen haben, auf, konsequent zu sein und sich klar gegen eine Ausweitung zu stellen.“
Bereits mehrfach waren gerade auch das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium in die Kritik gerade, weil sie beispielsweise über ein Jahr lang nichts unternommen hatten, um Homosexuelle aus Afghanistan zu retten, die dort von den Taliban gejagt und ermordet werden. Aktuell ruhen die Hilfsverfahren stellenweise erneut aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Antragsstellung.