Selbstbestimmungsgesetz Niedersachsens Justizministerin Wahlmann äußert mehfach Bedenken zum Gesetzesvorhaben!
Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) übt Kritik an den aktuellen Plänen des Selbstbestimmungsgesetzes. Kommt das Gesetz wie derzeit angedacht, könne es Frauenquoten aushebeln und „Triebtätern“ Vorschub leisten, so die SPD-Politikerin gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Viele offene Fragen beim Gesetzestext
Wahlmann hat weitere Bedenken angemeldet, erklärt aber zunächst grundsätzlich zur Ausgangslage: „Ich sehe, dass das bisherige Transsexuellengesetz in vielen Punkten zu hart war. Es jetzt aber komplett in die gegenteilige Richtung zu ändern, verkennt den Ernst dahinter. Nach meiner Einschätzung gibt es noch viele offene Fragen.“ Dabei sei auch ihr direkter Zuständigkeitsbereich als Justizministerin betroffen: „Mein jetziger Standpunkt ist, dass jemand, der biologisch ein Mann ist, nicht in eine Justizvollzugsanstalt für Frauen kommt. Ob wir nach dem Selbstbestimmungsgesetz jedoch dazu verpflichtet sind, gilt es zu klären.“
Hausrecht vs. Antidiskriminierung
Auch beim, seit Monaten umstrittenen Thema Schutzräume für Frauen sieht die 45-jährige Politikerin Handlungsbedarf, denn noch immer ist nicht eindeutig geklärt, wie künftig der Zugang zu solchen Einrichtungen juristisch geregelt werden kann – darüber streiten seit Wochen sowohl Befürworter wie Gegner des aktuellen Gesetzestextes. Die Kernfrage ist dabei, ob das Hausreicht oder das Antidiskriminierungsgesetz hier höher zu bewerten ist. Die Frage sei dabei zudem, ob das Hausrecht überhaupt dann greift, um Besuche von Personen mit Penis in Frauenhäusern und -umkleiden oder anderen geschützten Bereichen zu verhindern, auch wenn sie sich als Frau haben registrieren lassen, so die Ministerin weiter.
Quotenregelungen für Frauen
Die frühere Richterin benannte auch ein grundsätzliches Problem, das sie mit dem Gesetz hat: Es könne Paritätsregelungen aushebeln, die Frauen eigentlich helfen sollen, beispielsweise bei der Stellenvergabe im öffentlichen Dienst. „Kann ein Mann dann einfach seinen Geschlechtseintrag ändern lassen und sich auf einen Posten bewerben, der eigentlich bevorzugt für eine Frau ausgeschrieben ist? So lässt sich das System unterlaufen", warnt Wahlmann.
„Auf jeden Fall“ würde das neue Selbstbestimmungsgesetz das Ende der klassischen Quote für Frauen bedeuten, so die Politikerin weiter: „Bislang lässt sich die Quote ja recht schnell festlegen. Wenn nun aber noch eine dritte Quote für Intersexuelle oder Transmenschen dazukommt, verzerrt dies das Bild. Müssen wir dann auch für die sechs, sieben weiteren Geschlechter oder auch für andere Bevölkerungsgruppen - unabhängig vom Geschlecht - eine Quote einführen?“
Ausnutzung des Gesetzes durch Triebtäter?
Zuletzt berge das Gesetz laut Wahlmann auch das Risiko, durch „Triebtäter“ missbraucht zu werden, auch wenn der Großteil der Menschen sicherlich bei ihrem biologischen Geschlecht bleiben würde: „Ich halte es aber für durchaus realistisch, dass diese neue Gesetzeslage zumindest von einigen ausgenutzt wird.“ Nach den aktuellen Plänen soll eine Personenstandsänderung beim Standesamt ohne vorgeschriebene psychologische Gutachten wie bisher erfolgen. Bereits Jugendliche ab 14 Jahren sollen dies mit Zustimmung der Eltern oder des Familiengerichts tun können.
Aktuell beraten das Bundesjustiz- sowie das Familienministerium über die eingebrachten Stellungnahmen von Vereinen und Verbänden. Wann das Kabinett über einen finalen Entwurf entscheiden wird, bevor das Gesetzesvorhaben dann zur Verabschiedung in den Bundestag ginge, ist derzeit völlig offen.