Direkt zum Inhalt
Schule verbietet Einhorn-Kinderbuch // © borisz

Schule verbietet Einhorn-Kinderbuch Hysterie und Panik an immer mehr US-Schulen

ms - 13.04.2022 - 17:00 Uhr
Loading audio player...

Kommentar

Es gibt so Meldungen, da ist man sich nicht sicher, ob man weinen oder doch lachen soll – eine solche Nachricht kommt in diesen Tagen aus Ohio. Richtig, Oh-hi-o! Der US-Bundesstaat im Mittleren Westen, dessen beste Eigenschaft seine Nähe zu Kanada ist – nur getrennt durch den eiskalten Eriesee, bekannt vor allem durch seine Entwässerung über die Niagara Fälle in den Ontariosee. Was gibt es sonst noch in dem Bundesstaat mit rund 12 Millionen Einwohnern? Viel idyllische Natur, American Football und das landesweit berühmte Cleveland Museum of Art mit seiner bedeutenden Sammlung von europäischen Gemälden. Eigentlich müsste also ein gewisses Verständnis für Bildsprache und Kunst vorhanden sein, will man meinen.

Im Buckeye Valley School District sorgte ein Bild nun allerdings für helle Panik und Aufregung – es handelt sich dabei nicht um das, vielleicht zu freizügige Gemälde eines alten Meisters, nein, sondern um das Bild eines Einhorns. Ja, richtig, wir reden von diesem netten Fabelwesen. Dummerweise befindet sich dieses Einhorn als gemalte Version auf dem Cover eines Kinderbuches von Kinderbuchautor Jason Thrap. Der Titel „It´s Okay to be a Unicorn“ prangt in Regenbogenfarben über dem Kopf des Fabeltieres. Das reichte aus, um im ganzen Schulbezirk Panik auszulösen.

Geht gar nnicht, dieses Cover. Eltern und die Schulleitung befürchteten, dass das Buch einen „schwulen Lebensstil fördern könne“

Schriftsteller Thrap wollte während einer Schulveranstaltung aus dem Kinderbuch vorlesen, wurde aber kurz davor vom Schuldirektor wieder ausgeladen. Zudem wurden alle Lehrer angewiesen, Schülerarbeiten und Zeichnungen, die sich auf Thraps Buch beziehen könnten, sofort aus den Unterrichtsräumen zu entfernen. Der Grund: Einige Eltern und die Schulleitung befürchteten, dass das Buch einen „schwulen Lebensstil fördern könne“, denn immerhin sei ein Regenbogen und ein Einhorn zu sehen. Klarer Fall also.

Dumm jetzt nur, dass Autor Thrap selbst heterosexuell ist und das Buch thematisch gar nichts mit Homosexualität zu tun hat – Thrap schrieb das Buch nach einem überstandenen Hirntumor: "In dem Buch geht es eigentlich um mich als Kind. Ich wuchs dort auf, wo ich mich fehl am Platz fühlte. Ich habe mich in Büchern verloren, und sie haben mich gelehrt, dass es in Ordnung ist, kreativ zu sein und anders zu denken. Ich bin nicht hier, um Erwachsene zu unterhalten, die ihre eigenen Probleme auf ein Kinderbuch projizieren wollen. Ich bin hier, um Bücher zu schreiben, die Kinder dazu inspirieren, große Träume zu haben, sich selbst anzunehmen, die Bedeutung von Selbstliebe zu verstehen und wirklich zu lernen, wie man mit seinen Emotionen umgeht, denn die Welt, in der wir leben, ist verwirrend und es ist nicht einfach, ein Mensch zu sein. Wenn ein Erwachsener Probleme hat, ist das die Aufgabe einer Therapie, nicht die meiner Kinderbücher.“

Ups. Aber gut, wie hätte man das als konservativ-besorgtes Elternteil oder als überambitionierter Schuldirektor auch wissen können. Da hätte man ja, also nur so als Idee, da hätte man zum Beispiel das Vorschulbuch für 5-6jährige Kinder tatsächlich lesen müssen. Das sind immerhin 40 Buchseiten, hauptsächlich gefüllt mit Zeichnungen - wer hat dafür heute schon noch Zeit? Natürlich entspricht die Maxime der Eltern und der Schule der allgemeinen Agenda vieler US-Bundesstaaten, alle Bücher und Themen, die nur entfernt mit LGBTI* in Verbindung zu bringen sind, im vorauseilenden Gehorsam sofort von den Schulen zu entfernen. Eine Lehrerin spricht dabei von einer „grassierenden Anti-Homosexuellen-Hysterie“.

Es scheint eine sehr schlimme grassierende Krankheit zu sein, die da an den Schulen in Amerika um sich greift, und wie so viele andere Infektionen befällt auch die Homosexuellen-Angst als erstes die linke Gehirnhälfte, die dort das logische Denken und die Sprache außer Gefecht setzt. Es gilt zu befürchten, dass diese homophobe Pandemie am Ende mehr Opfer gefordert hat als Covid-19.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.