Schlagabtausch im Bundestag Linken-Politiker Brückner befragt Bundeskanzler Merz zu Suizidraten bei queeren Jugendlichen und dem Umgang mit der Community
Bundeskanzler Friedrich Merz bezog heute im Bundestag Stellung zu der deutlich erhöhten Suizidgefahr unter queeren Jugendlichen. Auf Anfrage von Maik Brückner, queerpolitischer Sprecher der Linksfraktion, erklärte Merz: „Die Bundesregierung wird alles tun, um die Bedrohung dieser Menschen abzuwenden.“
Hassgewalt ist kein Kavaliersdelikt
Merz betonte dabei auch die Verschärfung der Strafnormen bei Hasskriminalität gegen LGBTIQ+, die allerdings von der früheren Ampel-Regierung beschlossen worden waren. Die Union hatte sich 2023 bei der Abstimmung dazu enthalten. Zur Hassgewalt gegen Schwule, Lesben und queere Menschen betonte Merz außerdem: „Das sind keine Kavaliersdelikte. Das ist ungeeignet für billige Witzchen. Das sind Dinge, die den Lebensalltag dieser Menschen betreffen und, nehmen Sie es mir bitte auch persönlich ab, ich hab das auch in meiner eigenen Partei genau so auf den Weg gebracht, mit der Anerkennung auch einer entsprechenden Organisation. Wir tun alles, um Menschen, die queer sind, ein gutes und auch ein sicheres Leben in unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Ich stehe auch persönlich dafür ein, dass das so ist und dass das auch besser wird. So wie es gegenwärtig ist, kann es mit den vielfältigen Bedrohungen nicht bleiben.“
Merz kontert Vorwurf von Brückner
Brückner zeigte sich enttäuscht davon, dass Merz nicht konkret zur Lage suizidgefährdeter queerer Jugendlicher geantwortet hat. In seiner zweiten Frage betonte der Linken-Politiker die Debattenverschiebung über die Community, zu der auch Merz beigetragen habe. Er wollte von Merz wissen, ob er der Auffassung ist, dass das jungen Menschen helfe. Merz antwortete darauf: „Also mit aller gebotenen Zurückhaltung, Herr Kollege, aber ich weise das entschieden zurück, was sie mir gerade hier persönlich unterstellen. Wir wollen die Hilfsangebote, für Menschen, die diese Probleme haben, vergrößern. Ich will allerdings noch einmal darauf hinweisen: Der Bund kann und darf auch nicht alles lösen, vieles davon, was wir tun wollen, liegt auch in der Verantwortung der Gemeinden und der Länder. Das ist hier eine gemeinsame Kraftanstrengung, die wir unternehmen wollen. Das tun wir. Und ich werde auch an meiner persönlichen Haltung hierzu keinen Zweifel lassen, selbst wenn ich in solchen Fragen eine Unterstellung heraushöre, die ich aber noch einmal klar zurückweise. Das ist nicht meine persönliche Haltung zu diesem Thema.“
„Rumgedruckse“ des Bundeskanzlers
Brückner erklärte daraufhin heute am frühen Abend mittels einer Pressemitteilung: „Das verstockte Rumgedruckse des Bundeskanzlers hat deutlich gemacht: Merz fühlt sich ertappt und über queere Themen zu sprechen ist ihm sichtlich unangenehm. Er tat sich schwer damit, das Wort ,queer' überhaupt auszusprechen. Stattdessen sprach er öfter von ,diesen Menschen', mit Blick auf die LSU lediglich von einer ,entsprechenden Organisation'. Es drängt sich der Eindruck auf, der CDU-Chef schämt sich für seine queeren Mitbürger*innen. Der Kanzler ist eine konkrete Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie er die überproportional hohe Suizidrate oder das Risiko für Suizidgedanken insbesondere bei queeren Jugendlichen konkret senken will.“
Der queerpolitische Sprecher betonte dabei auch die „katastrophale“ Versorgungslage im Bereich der mentalen Gesundheit, Stichwort Therapieplatzsuche, und die generell schwierige Situation in der Jugendarbeit. „Die Linke nimmt den Kanzler beim Wort, der heute angekündigt hat, entsprechende Angebote zu verbessern. Ob es tatsächlich dazu kommt, darf zumindest bezweifelt werden.“
Zuletzt hielt Brückner für seine Partei fest: „Darüber hinaus ist offensichtlich: Hochrangige Unions-Politiker*innen sind maßgeblich an einer Diskursverschiebung nach rechts beteiligt und wirken so mit daran, ein Klima der Ausgrenzung und der Angst zu schaffen, das sich negativ auf die mentale Gesundheit queerer Menschen auswirkt. Der rechte Kulturkampf auf dem Rücken queerer Communitys muss endlich ein Ende haben.“