Schicksalswahl in Spanien? LGBTI*-Community befürchtet radikalen Rechtsruck!
An diesem Sonntag finden in Spanien die vorgezogenen Parlamentswahlen statt, nachdem die Regierung um Ministerpräsident Pedro Sánchez bei den Regionalwahlen Ende Mai massive Stimmenverluste erlitten hatte – die jüngsten Umfragen lassen derweil auf einen Regierungswechsel schließen unter Teilnahme der rechtsextremen Partei Vox.
Platzt das LGBTI*-Rechtspaket in Spanien?
Der sozialistische Ministerpräsident Sánchez würde demnach vom Konservativen Alberto Núñez Feijoo abgelöst – damit dieser eine mehrheitsfähige Regierung bilden kann, braucht es nach aktuellem Stand die Stimmen der Rechten. Eine Beteiligung der Vox würde das Land in vielen Aspekten radikal verändern – das vor kurzem beschlossene LGBTI*-Paket dürfte in weiten Teilen obsolet werden. Es sah massive rechtliche Verbesserungen für Homosexuelle und queere Menschen vor, unter anderem auch ein Verbot von Konversionstherapien.
Ursachenforschung nach Rechtsruck
Genau dieses Paket könnte aber auch dazu beigetragen haben, warum das Land binnen so kurzer Zeit so radikal nach rechts gerückt ist – dieser Meinung jedenfalls sind mehrere Frauenorganisationen und bekannte Feministinnen des Landes. Sie sehen eine Teilschuld explizit bei Spaniens Gleichstellungsministerin Irene Montero von der Linkspartei, die Anfang des Jahres ein neues Selbstbestimmungsgesetz im Eilverfahren durchgesetzt hatte, ohne dabei auf viele kritische Stimmen seitens Frauenverbänden, hunderten Fachärzten sowie auch der spanischen Gesellschaft für Psychiatrie oder der Madrider Ärztekammer zu hören – allesamt warnten sie vor dem Gesetz in dieser Form.
Das neue Gesetz erlaubt Kindern jeden Alters einen Namens- und Geschlechtswechsel. Vor dem 12. Lebensjahr müssen Einrichtungen wie Schulen auf das gewünschte Geschlecht des Kindes eingehen, ab dem 12. Lebensjahr kann auch mit Zustimmung der Eltern oder des Familiengerichts juristisch ein Geschlechtswechsel vollzogen werden, ab dem 16. Lebensjahr freibestimmt.
Stimmung kippt ins Negative für LGBTI*
Die konservative Volkspartei PP hat bereits angekündigt, bei einem Wahlsieg das Selbstbestimmungsgesetz zurückzunehmen – ob auch weitere Gesetzesvorhaben für LGBTI*-Menschen davon betroffen sein werden, ist derzeit noch offen. Die Vox bekräftigte allerdings bereits, sie wolle die Rechte von Eltern stärken, sodass diese mehr Mitspracherecht haben, welche Themen rund um LGBTI* im Schulunterricht künftig angesprochen werden dürfen. Die Stimmungslage im Land selbst scheint zudem bereits jetzt ins Negative gekippt zu sein, die Hassverbrechen gegenüber Homosexuellen und queere Menschen haben zuletzt um 68 Prozent zugenommen, Tendenz weiter steigend.
„Wir würden wieder pathologisiert werden, wir würden wieder medizinischen Attesten untergeordnet werden, wir würden nicht einmal wählen können, ob wir Hormone bekommen wollen. Wir würden einen gigantischen Schritt zurück machen“, so Uge Sangil, Präsidentin von der LGBTI*-Organisation FELGBT gegenüber Euronews zum möglichen Wegfall des Selbstbestimmungsgesetzes.