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Queere Jugendliche verklagen Gouverneurin // © ROBIN COOPER / Wikipedia

Queere Jugendliche verklagen Kay Ivey „Die Gouverneurin hat die Gesundheit und das Wohlergehen der Kinder in Alabama untergraben!“

ms - 19.04.2022 - 11:00 Uhr
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Zwei trans-Jugendliche und ihre Eltern haben jetzt zusammen mit zwei Ärzten die Gouverneurin des Bundesstaates Alabama, Kay Ivey, verklagt. Hintergrund sind die queerfeindlichen Gesetze, die die republikanische Gouverneurin in diesem Monat verabschiedet hatte.

Kernaspekt der Klage ist dabei das Verbot der medizinischen Versorgung von trans-Jugendlichen mit besonderem Blick auf geschlechtsangleichende Behandlungen. Laut den Klägern und mehreren, unterstützenden, queeren Vereinen wie beispielsweise auch der Human Rights Campaign (HRC) verstößt diese gesetzliche Vorgabe damit klar gegen den sogenannten Affordable Care Act (Obamacare), der Diskriminierung im Gesundheitswesen verbietet. Zudem verstoße das Gesetz auch gegen die Verfassung und den darin enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatz – so sind bestimmte medizinische Verfahren explizit nur für trans-Kinder verboten, nicht aber für alle anderen Jugendlichen.

Die Eltern der zwei klagenden trans-Jugendlichen machen zudem geltend, dass das Gesetz auch deswegen gegen geltendes Recht verstoße, weil ihrer Ansicht nach verfassungsrechtlich auch geschützt ist, dass Eltern die medizinische Versorgung ihrer Kinder ohne Einmischung der Regierung bestimmen dürfen. "Wie alle Eltern wollen wir nichts mehr, als dass unser Kind gesund und glücklich ist. Wir haben erlebt, wie sich unsere Tochter von einem zurückgezogenen und ängstlichen Kind zu einem engagierten, glücklichen Kind entwickelt hat, als wir ihr die Unterstützung und Pflege gaben, die sie braucht", so einer der Väter eines 13-jährigen transsexuellen Mädchens. "Dieses Gesetz bedroht all das und nimmt uns die Möglichkeit, dem Rat hochqualifizierter medizinischer Fachleute zu folgen. Ich bin in Alabama geboren und aufgewachsen und bin mit meiner Frau hierher zurückgekehrt, um unsere Familie großzuziehen. Wir lieben diese Gemeinde, die uns unglaublich unterstützt hat. Aber wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, könnten wir gezwungen sein, den Staat, den wir unsere Heimat nennen, zu verlassen, um das Leben unserer Tochter zu schützen."

Im weiteren Verlauf berichteten die Eltern, dass sie nach den ersten Anzeichen ihr trans-Kind auch zu einem Therapeuten gebracht hatten, der ihnen schlussendlich riet, ihr Kind so leben zu lassen, wie es das wolle. Zuvor war das trans-Mädchen auch immer wieder in der Schule schikaniert worden, auch von den Lehrern, sodass am Ende ein Schulwechsel nötig geworden war. In der Klage wird außerdem darauf hingewiesen, dass die Eltern dem Rat ihres Ärzteteams an der University of Alabama folgten und dass das Geschlecht ihres Kindes auch von mehreren medizinischen und therapeutischen Berufsverbänden bestätigt wurde.

Alabama hat erst vor wenigen Tagen das neue Gesetzespaket final auf den Weg gebracht, das neben dem Verbot der Gesundheitsversorgung von trans-Jugendlichen auch festlegte, dass trans-Schüler künftig nur noch Zugang zu  jenen geschlechtsgetrennten Einrichtungen (Toiletten oder Umkleideräume) haben, die ihrem biologischen Geschlecht entsprechen. Darüber hinaus wurde ein weiteres Gesetz verabschiedet, dass LGBTI*-Themen an Schulen grundsätzlich verbietet. Verstöße gegen die neuen Gesetzestexte sollen mit hohen Geldstrafen geahndet werden. 

Auch Mediziner wehren sich nun vehement gegen die neuen Richtlinien der Regierung. So haben Dr. Morissa Ladinsky und Dr. Hussein Abdul-Latif ebenso Klage eingereicht – ihnen droht mit dem neuen Gesetz zehn Jahre Haft bei Nichteinhaltung. "Mit der Unterzeichnung hat Gouverneur Ivey netten, liebevollen und loyalen Familien in Alabama gesagt, dass sie nicht hier bleiben können, ohne ihren Kindern die grundlegende medizinische Versorgung zu verweigern, die sie brauchen. Sie hat die Gesundheit und das Wohlergehen der Kinder in Alabama untergraben und Ärzte wie mich in die entsetzliche Lage versetzt, zwischen dem Ignorieren der medizinischen Bedürfnisse unserer Patienten oder dem Risiko, ins Gefängnis zu kommen, wählen zu müssen“, so Ladinsky.

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