Queere Geschwister gefoltert Tschetschenien geht weiter mit brutaler Härte gegen LGBTI* vor
Ein Bezirksgericht in Tschetschenien hat jetzt ein queeres Geschwisterpaar aufgrund falscher Anschuldigungen zu fast einem Jahrzehnt Haft verurteilt. Die beiden jungen Schwulen Männer, Salekh Magamadov (20) und Ismail Isaev (18) standen wegen angeblicher Komplizenschaft mit einem illegalen bewaffneten islamistischen Widerständler vor Gericht. Im Konkreten sollen sie einem mutmaßlichen Militanten Lebensmittel gegeben haben. Magamadov erhielt eine achtjährige Haftstrafe (ein Jahr im Gefängnis und sieben Jahre in einem Arbeitslager) und Isayev wurde zu sechs Jahren in einem Arbeitslager verurteilt.
Die queeren Geschwister plädierten auf „nicht schuldig“ und sind davon überzeugt, dass die Anschuldigungen nur ein Vorwand sind, um die beiden jungen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verurteilen zu können. Eines der beiden Geschwister ist schwul, der andere transsexuell. Bereits seit 2019 müssen sich die beiden Tschetschenen immer wieder mit staatlicher Willkür auseinandersetzen. Zunächst gerieten sie ins Visier der Polizei, nachdem bei einer Kontrolle auf ihrem Mobiltelefon das Bild einer Pride-Flagge gefunden worden war. Abermals wurden die Geschwister erneut von der Polizei verschleppt, nachdem sie sich daraufhin auf Telegram kritisch gegenüber der tschetschenischen Führung geäußert hatten. Nach rund zweimonatigen Verhören und Folter wurde ein Video der beiden veröffentlicht, indem sie sich für ihre Taten „entschuldigten“ und ihre „Verbrechen“ gestanden.

Daraufhin waren die Geschwister mit Hilfe des russischen LGBT Network aus der Region geflüchtet, kurz darauf im Februar 2021 allerdings erneut entdeckt, festgenommen und nach Tschetschenien verschleppt worden. Auf Grundlage der erzwungenen Geständnisse wurden die Geschwister nun verurteilt – dabei ist zu erwarten, dass sie das Arbeitslager wahrscheinlich nicht überleben werden. Queere Menschen fallen seit Jahren der tschetschenischen „Schwulensäuberung“ zum Opfer. Hunderte schwuler und queerer Menschen wurden in den letzten Jahren systematisch gesucht, inhaftiert, in Arbeitslager gesteckt und grausam ermordet. Dabei schleusten sich Polizisten in queere Chatrooms ein – konnten sie einen queeren Menschen ausfindig machen, zwangen sie ihn mit Elektroschocks, die Namen aller bekannten LGBTI*-Personen preiszugeben.
Diverse Menschenrechtsorganisationen von Human Rights Watch bis zu Amnesty International hatten immer wieder auf die grausame Situation für LGBTI*-Menschen aufmerksam gemacht, bisher ohne wirklichen Erfolg. Ein Sprecher des tschetschenischen Staatschefs Ramsan Kadyrow erklärte sogar süffisant: "Man kann keine Menschen verhaften oder unterdrücken, die in der Republik einfach nicht existieren. Wenn es solche Menschen in Tschetschenien gäbe, müssen sich die Strafverfolgungsbehörden keine Sorgen um sie machen, da ihre eigenen Verwandten sie dorthin schicken würden, wohin sie nie mehr zurückkehren können."
Das jüngste Urteil gegen die queeren Geschwister ist nun ein weiterer bitterer Höhepunkt in dem Versuch der Landesführung, Tschetschenien von allen queeren Menschen zu „reinigen“. Gegenüber Pink News sagte Miron Rozanov von der Crisis Group NC SOS: "Das heutige Urteil des tschetschenischen Gerichts ist ein Verbrechen gegen den gesunden Menschenverstand. Salekh Magamadov und Ismail Isaev sind unschuldig. Ihr Fall ist frei erfunden. Salekh und Ismail sind Gefangene aus Gewissensgründen - sie sind unglaublich widerstandsfähig und mutig, sie sind unschuldig und sollten sofort freigelassen werden." Marie Struthers, Direktorin für Osteuropa und Zentralasien von Amnesty International, fügte hinzu: "Salekh Magamadov und Ismail Isaev müssen sofort und bedingungslos freigelassen werden. Sie hätten von vornherein nicht angeklagt werden dürfen. Die Zugehörigkeit zur LGBTI*-Community in Tschetschenien - oder auch anderswo - ist kein Verbrechen. Niemand sollte wegen seiner sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität oder wegen Kritik an den Behörden inhaftiert werden. Ihre Tortur muss jetzt ein Ende haben!"