Proteste um queere Kita Queere Verbände zeigen mehrheitlich Flagge für das Kita-Projekt
Am Samstag haben einige hundert Menschen vor der Baustelle des Projektes “Lebensort Vielfalt“ der Schwulenberatung Berlin nahe des Bahnhofs Südkreuz in Schöneberg protestiert – dabei stand eine kleinere Zahl von Gegnern, darunter auch Mitglieder der Jugendorganisation “Junge Alternative“ der AfD, einem deutlich größeren Bündnis von queeren Aktivisten gegenüber. Stein des Anstoßes war die Tatsache, dass die Schwulenberatung unter anderem in den neuen Gebäuden auch eine Kita für insgesamt 93 Kinder unterbringen will und erst nach medialem Druck Anfang Oktober der Soziologe Rüdiger Lautmann vom Vorstand zurückgetreten war. Autor Lautmann soll in seinen Schriften und Büchern die gewaltfreie Pädophilie verteidigt haben und befürwortete offenbar auch Überarbeitungen des Paragraphen 176 des Strafgesetzbuches zu sexuellen Handlungen an Kindern unter 14 Jahren.
Wirbel um umstrittenen ehemaligen Vorstand
Er positionierte sich zwar gegen jede Form von sexuellem Missbrauch, sprach aber ebenso von einer “natürlichen Willensübereinstimmung“ zwischen einem Kind und einem Erwachsenen. Das Kind könne den “zurückgenommenen Formen des pädophilen Wünschens“ zustimmen und würde daraufhin “einiges mit sich machen lassen, was ihm selber Spaß verschafft". Obwohl Lautmann mit der inhaltlichen Ausrichtung der Kita offenbar nichts zu tun hat, empörten sich zahlreiche Medien und eben auch die Jugendorganisation der AfD über die Situation. Lautmann trat daraufhin zurück, die AfD Jugendgruppe rief trotzdem zur Demonstration auf. Lautmann steht dabei auch anderweitig noch immer in der Kritik, er gehört offensichtlich nach wie vor dem Vorstand von SPDQueer Tempelhof-Schöneberg an, die im September zuletzt gefordert hatten, dass bereits siebenjährige Kinder künftig ihr Geschlecht ändern können sollen. Gegenüber dem RBB hatte Lautmann die Pädophilie-Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt: „Sexuelle Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen werden nicht und wurden nie von mir bejaht.“
Kita unter Generalverdacht
Der “Lebensort Vielfalt“ ist ein Mehrgenerationenhaus für homosexuelle und queere Menschen, in dem nebst 69 Wohnungen auch Gemeinschaftsräume, spezielle Einrichtungen für pflegebedürftige Menschen, ein Café und eben eine Kita mit zwei Gruppen untergebracht sein wird. Im Frühjahr 2023 soll die Einrichtung planmäßig eröffnet werden, derzeit warte man auf die Betriebserlaubnis von Seiten der Senatsverwaltung. Der vielleicht etwas zu leichtfertige Umgang mit der Causa Lautmann war indes nun Wasser auf den Mühlen von rechten Aktivisten, die die ganze Einrichtung unter Generalverdacht stellten und von einer “Pädo-Kita“ sowie von “Frühsexualisierung“ sprachen.
"Vielfalt statt Einfalt"
Die LGBTI*-Aktivisten positionierten sich mit zahlreichen Transparenten klar dagegen, auf den Plakaten war unter anderem zu lesen: “Lieber Vielfalt statt Einfalt“ oder auch “Glitzer statt Glatzen“. Jörg Duden, Abteilungsleiter bei der Schwulenberatung Berlin, erklärte gegenüber dem Tagespiegel, dass sich die “queere Kita“ nicht von anderen Kindertagesstätten unterscheiden würde. Ziel sei es, für alle Familien offen zu sein und ein Umfeld frei von Diskriminierung zu schaffen, wobei hauptsächlich LGBTI*-Menschen als Mitarbeiter eingestellt werden sollen. Man wolle zudem Wert darauflegen, nicht nur heteronormative Rollenbilder zu vermitteln. So werde beispielsweise bei der Auswahl der Kinderbücher darauf geachtet, dass diese die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln würden.
Auch dieser Aspekt wurde und wird von mehreren gesellschaftlichen Gruppen kritisiert, darunter sind sowohl rechte Agitatoren wie aber auch Feministinnen und vereinzelt Eltern. Für rechtsextreme Personen bietet diese Grundeinstellung der Kita wohl abermals die Möglichkeit, sich gegen das Konzept zu positionieren und dies als “Frühsexualisierung“ zu brandmarken. Helmut Metzner, der Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, erklärte gegenüber dem Tagesspiegel mit Blick auf die Demonstrationen an diesem Wochenende, dass diese ein “Echo aus der Vergangenheit“ seien.