Polnischer Kulturkampf 10 Schulen stehen unter „Pädophilie“-Verdacht, weil sie LGBTI* inklusiv sind.
Kaum zu glauben, aber wahr – die polnische Regierung macht ernst und geht jetzt radikal gegen zehn Gymnasien im Land vor, die beim LGBTIQ+ Friendly School Ranking der Organisation Growspace auf den ersten Plätzen gelandet sind. Seit 2018 gibt es den Wettbewerb, zunächst regional, inzwischen landesweit. Jedes Jahr nehmen über 15.000 Schüler an der Umfrage teil, über 2.000 Schulen wurden in das Ranking bereits aufgenommen.
Erklärtes Ziel ist es dabei, für LGBTI*-Schüler ein positives Umfeld der Akzeptanz zu schaffen. Der polnische Ombudsmann und Kinderbeauftragte Mikołaj Pawlak hat jetzt tatsächlich wie angedroht eine Generalüberprüfung der vorbildlichsten Schulen durchgesetzt. Die europäische LGBTI*-Organisation Forbidden Colours wehrt sich dagegen jetzt in Zusammenarbeit der der LGBTI*-Gruppe All-Out.
Fake-News über Homosexualität und Pädophilie
Pawlak erklärte gegenüber der konservativen Tageszeitung Gazeta Polska, dass viele Schuldirektoren gar nicht das Privatleben ihrer Mitarbeiter und Lehrer überprüfen würden – das solle jetzt nachgeholt werden. „Wir müssen unsere Kinder vor Kriminellen schützen, und eine solche Überprüfung ist eines der wichtigsten Instrumente, die eingesetzt werden sollten.“ In mehreren weiteren Passagen zieht Pawlak dabei im Gespräch mit der Tageszeitung immer wieder auch eine direkte Verbindung zwischen Pädophilie und der polnischen Gay-Community.
Unterstützung dürfte Pawlak dabei zumindest auch indirekt von Polens Bildungsminister Przemysław Czarnek bekommen, der zuletzt 2022 versucht hatte, LGBTI*-Themen unter Androhung hoher Geldstrafen und Berufsverboten für Lehrer an allen polnischen Schulen landesweit ganz verbieten zu lassen. Das Vorhaben war damals nur am Veto des polnischen Präsidenten Andrzej Duda gescheitert – wohl mehr aufgrund von taktischen Überlegungen mit Blick auf die EU, denn aus echter Überzeugung.
Polen droht mit Schulschließungen
Nach Angaben von Forbidden Colours verbreitet Pawlak dabei immer wieder Lügen über die LGBTI*-Community und erklärte beispielsweise noch 2020, Sexualpädagogen würden Kinder begrabschen, sie mit Drogen „vollstopfen“ und ihnen anschließend einreden, ihr Geschlecht ändern zu müssen.
Der jetzige Angriff auf die Schulen habe dabei eine neue Qualität der Grausamkeit erreicht, so Rémy Bonny, Direktor von Forbidden Colours: „Mit diesem Schritt sendet die Ombudsperson ein starkes Signal an die Gymnasien: Lasst eure LGBTI*-Schüler im Stich. Nach jahrelangen hasserfüllten Kampagnen der Regierung gegen die LGBTI*-Gemeinschaften in Polen steigen die Selbstmordgedanken unter queeren Teenagern sprunghaft an. Nun versucht die Regierung, die wenigen Schulen im Land, die einen sicheren Raum für queere Jugendliche bieten, zu schließen. Dieser Angriff auf Polens queere Teenager ist ein eklatanter Verstoß gegen die grundlegendsten Rechte von Kindern. Er gefährdet genau die Leben, die eine Regierung zu schützen hat.“
Petition fordert europaweite Konsequenzen
Mit einer Petition richten sich die zwei LGBTI*-Organisationen deswegen jetzt auch an das Europäische Netzwerk der Ombudspersonen für Kinder (ENOC): „Wir fordern den Ausschluss Ihres polnischen Mitglieds aus Ihrer Organisation, da seine Handlungen die Rechte von Kindern gefährden und das Leben von LGBTI* Jugendlichen in Gefahr bringen.“ Über 11.000 Menschen haben die Petition bereits in den ersten Stunden unterschrieben.