Piloten mit HIV Der Berufsverband Cockpit fordert ein Umdenken beim Berufsverbot von HIV-positiven Piloten
Piloten mit HIV gelten bisher in Europa generell als nicht flugtauglich – der Berufsverband Cockpit fordert nun die Abschaffung der Vorschriften, die laut dem Verein überholt und diskriminierend sind.
Forderung nach Neubewertung
Durch moderne HIV-Therapien sind Menschen mit HIV laut Einschätzung zahlreicher HIV-Fachverbände inzwischen in den allermeisten Fällen problemlos in der Lage, jeden Beruf auszuüben und sind dabei überdies genauso leistungsfähig wie Personen ohne eine Virusinfektion. Dieser Einschätzung müsse auch in der Realität der Piloten in Europa ankommen, so Cockpit.
Wird bei Piloten bisher eine HIV-Diagnose festgestellt, dürfen sie in den meisten Fällen gar kein Flugzeug mehr steuern, bestenfalls können sie auf ein stark eingeschränktes Flugtauglichkeitszeugnis hoffen, das oftmals aber nur nach aufwendigen Verfahren zu erlangen ist – wenn überhaupt. Berufseinsteigern mit HIV bleibt eine Ausbildung zum Piloten gänzlich verwehrt.
Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz
Im Positionspapier „Fliegen mit HIV“ der Arbeitsgruppe „Diversity & Social“ betont der Berufsverband außerdem, dass die EU-weiten Verbote seit 2008 nahezu unverändert gelten und heute nicht mehr dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen würden. Die Verweigerung, Piloten mit HIV fliegen zu lassen, stelle damit inzwischen einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Deutschland dar.
Forderung nach neuen Studien
Bereits 2018 hatte Großbritannien einen ersten Versuch unternommen, die EU-Regeln zu ändern. Nach einer ersten Studie geriet das Verfahren offenbar aber wieder in Vergessenheit. Cockpit fordert daher nun, dass eine notwendige Folgestudie jetzt endlich zeitnah angegangen wird.
„Auf der Welt-Aids-Konferenz in München konnten wir mit mehreren Wissenschaftlern ins Gespräch kommen, die großes Interesse daran haben, eine Studie zur medizinischen Flugtauglichkeit von Piloten mit HIV durchzuführen“, so Tobias Hinsch, Leiter der AG Diversity & Social der Vereinigung Cockpit. Nach dem Motto „Fliegen ohne Stigmata“ könnte die Bundesregierung in Deutschland als Vorreiter ein gesetzgeberisches Verfahren auf EU-Ebene anstoßen.
Fliegerei moderner Lebenswirklichkeit
Cockpit und der europäische Dachverband der Pilotengewerkschaften (ECA) stehen dazu bereits im Austausch mit der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA). Der HIV-Status müsse so irrelevant für die Arbeitsfähigkeit werden und dürfe bei betriebsmedizinischen Einstellungsuntersuchungen nicht erfasst werden. Eine Offenlegung des HIV-Status dürfe überdies keine beruflichen Einschränkungen mehr zur Folge haben. Außerdem sollte die PrEP als Medikament für Piloten zugelassen werden.
„Es ist an der Zeit, dass sich auch die Fliegerei der Lebenswirklichkeit von HIV annähert und eine der letzten professionellen Barrieren fällt. Der Zugang zum Cockpit muss Menschen, die mit HIV leben, möglich werden,“ bekräftigt Vivianne Rehaag aus dem Vorstand der Vereinigung Cockpit.