Öffnung bleibt Politikaufgabe Tokio bestätigt Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen
Japans Oberstes Gericht blockiert gleichgeschlechtliche Ehen weiterhin: In einem überraschenden Urteil hat das Obergericht in Tokio das Verbot der Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren als verfassungskonform bestätigt. Entgegen einer Reihe von früheren Entscheidungen auf regionaler Ebene sieht das Gericht den Gesetzgeber in der Pflicht, bevor eine Öffnung der Ehe erfolgen könne. Damit bleibt Japan das einzige G7-Land, das homosexuellen Paaren weiterhin jede Form der gesetzlichen Anerkennung versagt.
Gesellschaftliche Debatte um Gleichstellung
Seit Jahren kämpfen Menschen aus der LGBTIQ+-Community im Rahmen der Initiative „Marriage for All“ für gleiche Rechte. Mehr als 30 Betroffene haben seit 2019 mit Unterstützung von Anwältinnen und Anwälten sowie Aktivistinnen und Aktivisten Prozesse angestrengt. Die Richterinnen und Richter in Sapporo, Nagoya, Osaka, Fukuoka und Tokios Bezirksgericht hatten bislang die Ausgrenzung queerer Paare als problematisch eingeordnet, teils sogar als „verfassungswidrig“ bezeichnet und sich dabei auf Artikel 24 (Freiheit der Eheschließung) und Artikel 14 (Gleichbehandlung) der japanischen Verfassung berufen.
Dass nun ausgerechnet das Tokioter Berufungsgericht eine gegenteilige Position vertritt, setzt ein deutliches politisches Signal. Die neue Premierministerin Sanae Takaichi, die dem ultrakonservativen Flügel der Liberal-Demokratischen Partei angehört und engen Kontakt zu religiösen Lobbys pflegt, steht für eine besonders restriktive Linie und lehnt die Eheöffnung weiterhin entschieden ab.
Stimmen aus der Zivilgesellschaft und internationale Reaktionen
Die Enttäuschung unter Klägerinnen und Klägern, aber auch innerhalb internationaler Menschenrechtsorganisationen, ist groß. Amnesty International betont, dass Japan gesellschaftlich isoliert dastehe, da die Mehrheit der Industrienationen mittlerweile gleichgeschlechtliche Partnerschaften schützt. Fast 70 Prozent der japanischen Bevölkerung sprechen sich Umfragen zufolge für rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen aus, und auch wirtschaftliche Interessen bekräftigen den Ruf nach mehr Gleichstellung.
„Wir wollen einfach nur heiraten und genauso glücklich sein wie alle anderen“, erklärte eine der Klägerinnen nach der Urteilsverkündung.
Ausblick: Entscheidung beim Parlament und Oberstem Gericht
Nachdem nun erstmals ein Berufungsgericht die Gesetzeslage ausdrücklich gestützt hat, wird das Thema endgültig zur Aufgabe des Parlaments. Ob das Oberste Gericht im Jahr 2026 eine klare Grundsatzentscheidung in Richtung Gleichstellung treffen wird, bleibt offen – die Hoffnungen darauf sind hoch. Bis dahin wächst jedoch der internationale Druck auf Japan, auch weil internationale Unternehmen und Handelspartner Gleichbehandlung als Standortvorteil betrachten. Die Debatte steht damit an einem Wendepunkt: Wird die Politik auf den Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft reagieren?