Neuer Streit um Rowling Boykottaufrufe seitens queerer Aktivisten
Und abermals entfachte in diesen Tag der Streit um Harry-Potter-Autorin JK Rowling und die spannende Frage, ist die Bestsellerautorin wirklich transfeindlich? Eine der bekannten britischen LGBTI*-Journalistinnen verneint dies jetzt ausdrücklich und erntet dafür massive Anfeindungen. Währenddessen wird auch in Deutschland der Streit um ein neues Harry-Potter-Computerspiel immer lauter.
Verkaufsschlager Trans-Hass?
Seitdem sich Rowling vor einigen Jahren erstmals zu Frauenrechten äußerte, erntete die Britin immer wieder scharfe Kritik – nach und nach festigte sich die Aussage, die Autorin sei transphob, wenngleich sie sich auch in der Vergangenheit immer wieder für die ganze LGBTI*-Community eingesetzt hatte. Die Journalistin EJ Rosetta sollte schließlich im Auftrag eines LGBTI*-Newsmediums einen Clickbait-Artikel mit dem Titel "20 transphobe JK Rowling-Zitate, die wir nicht mehr brauchen" schreiben und begab sich auf die Suche. Sie stieß auf Memes, Postings und Tweets von queeren Aktivisten, in denen diese behaupteten, JK Rowling sei transphob und transfeindlich.
Dann durchforstete sie alle Tweets und Nachrichten der Bestsellerautorin selbst. Ihr Fazit: „Als ich meine Liste der Zitate zusammenstellte, hatte ich das Gefühl, dass Rowling einen Unsichtbarkeitsumhang tragen musste. Ich konnte nicht ein einziges finden! Die LGBTQ-Medien haben dieses falsche Narrativ zu einem Verkaufsschlager gemacht und kümmern sich schon lange nicht mehr darum, ob es wahr ist. Ich schäme mich zu sagen, dass auch ich Rowling anprangerte und sogar sagte, ich würde mein Kindheitsexemplare der Harry Potter Bücher verbrennen.“
Ist Rowling doch pro-trans?
Da das LGBTI*-Magazin ihre Recherche zu Rowling so allerdings nicht veröffentlichten wollte, wurde Rosetta kurzerhand entlassen. Schließlich publizierte sie darüber einen Artikel in The Scotman und legt darin an Fallbeispielen dar, wie aus ihrer Sicht Rowling bewusst immer wieder falsch interpretiert wurde und wird. So twitterte Rowling beispielsweise im Juli letzten Jahres einen Beitrag, in dem sie ihre Besorgnis über die Medikalisierung von Trans-Kindern zum Ausdruck brachte. „Sie wurde als ´transphob´ gebrandmarkt, weil sie die Frage stellte, die nicht gestellt werden darf, wenn es um die Realität der medizinischen Versorgung von Kindern geht, die noch in den Kinderschuhen steckt. Auf den zweiten Blick habe ich gesehen, dass Rowling einfach mit den Fachleuten darin übereinstimmt, dass eine lebenslange Medikalisierung und der Verlust der Fruchtbarkeit nicht im besten Interesse der Kinder sind. Das ist eigentlich eine Fürsorge für transsexuelle Menschen, keine Verurteilung. Sie sagte: ´Es gibt Nachteile, die meiner Meinung nach diskutiert werden sollten´, nicht: ´Ich hasse transsexuelle Menschen´. Sie hat sich die Zeit genommen, das Thema zu recherchieren, hat verstanden, was den Fortschritt in der Transgender-Gesundheitsfürsorge behindern könnte, und hat das Bewusstsein für die Verbesserung der Situation geschärft. Das, würde ich sagen, ist pro-trans, nicht anti-trans“, so Rosetta weiter.
Keine Beweise, nur Ausreden?
Die lesbische Journalistin hatte zuvor jahrelang die LGBTI*-Community unterstützt. Ihre Recherche brachte sie dennoch nicht mit den gefestigten Aussagen über Rowling zusammen: „Da ich keinen Sortierhut zur Hand hatte, der mir sagte, wo ich hingehörte, begann ich mit meinen Freunden, hauptsächlich LGBTQ-Menschen mit Betonung auf T zu sprechen, die alle dasselbe behaupteten: Rowling ist transphob. Ich verlangte Beweise. Die Ausreden, die man mir anstelle von tatsächlichen Beweisen lieferte, waren gleichermaßen lächerlich und urkomisch. Ich habe JK's Tweets, Essays, Bücher und Interviews durchforstet, um jeden Fetzen zu finden, den ich finden konnte. Ich wandte mich an Trans-Menschen und bat sie, mich über JKs vermeintliche Verbrechen aufzuklären.“ Eine befriedigende Antwort fand sie nach eigener Aussage nicht, stattdessen stellte sie für sich fest: „Mir wurde klar, wie falsch das alles war! Diese ganze Rowling-ist-transphob-Geschichte war eine Verarschung monumentalen Ausmaßes, und wir in der LGBTQ-Community sind die Dummen, die am meisten verpasst haben. Wir haben eine unserer größten Verbündeten verflucht, sie denunziert und diffamiert.“
Nachdem Rosetta ihren Artikel inklusive ihrer Recherche veröffentlicht hatte, meldete sich JK Rowling direkt bei ihr und bedankte sich öffentlich dafür. „Es hat mich beeindruckt, wie unglaublich gnädig sie war, nachdem, was ich und meinesgleichen ihr angetan haben. Eine Klassetat wie immer. Es ist wichtig, zuzugeben, wenn man sich geirrt hat.“
Boykott des neuen Harry-Potter-Spiels?
Eine ähnliche Debatte um Rowling entwickelte sich jetzt auch in Deutschland mit Blick auf das neue Computerspiel “Hogwarts Legacy“. Queere Aktivisten riefen dazu auf, dass Spiel zu boykottieren, um die “transphobe Autorin“ nicht weiter zu unterstützen. Daraufhin entschuldigten sich kurz darauf online einige Gamefachleute, da sie über das Spiel berichtet hatten. Eher vage und nichtssagend reagierten die Herausgeber Warner Bros. sowie die leitenden Spieleentwickler selbst.
Gabriel_Nox Koenig vom Bundesverband Trans* erklärte gegenüber dem ZDF: „Einerseits nutzt J.K. Rowling ihre Bekanntschaft, um gegen die Menschenrechte von trans* Personen vorzugehen. Andererseits spiegeln sich Diskriminierungsverhältnisse in ihren Werken wider.“ Geschadet haben die Boykott-Aufrufe dem Spiel, welches je nach Spielkonsole in dieser Woche beziehungsweise im April veröffentlicht wird, offenbar allerdings nicht. Bei so gut wie allen Vorverkaufsstellen ist das Game bereits seit über einem Monat vor seinem eigentlichen Erscheinen auf Platz 1 der Verkaufscharts und die Chancen stehen laut Gameexperten bereits jetzt gut, dass es das meistverkaufte Spiel des Jahres werden wird.