Direkt zum Inhalt
Rubrik

Neuer Streit in Großbritannien Sechs Jahre Diskussionen und kein Ende – kommt jemals ein Verbot von Konversionstherapien?

ms - 06.03.2024 - 10:00 Uhr

Es scheint tatsächlich zu einer Never Ending Story zu werden – das geplante Verbot von Konversionstherapien in Großbritannien. Mehrere Premierminister haben sich daran seit inzwischen rund sechs Jahren bereits die Zähne ausgebissen, während sich Teile der LGBTI*-Community mal dafür und dann wieder dagegen ausgesprochen haben. Ob ein solches Gesetz überhaupt noch in der aktuellen Legislaturperiode unter Premierminister Rishi Sunak kommen wird, darf stark bezweifelt werden – Anfang März wurde über die Konversionstherapie im Parlament erneut heftig gestritten.

Ewiger Streit um Details

Mehrheitlich Einigkeit herrsch grundsätzlich nur bei der Frage, dass „Heilungsversuche“ bei Homosexuellen verboten gehören. Ganz anders stellt sich die Frage allerdings bei Trans-Personen. Kritiker befürchten, dass bei einer Einbeziehung von Trans-Menschen in ein gesetzliches Verbot die Gefahr besteht, dass künftig Ärzte und medizinisches Personal dazu genötigt werden, Selbstdiagnosen nicht mehr hinterfragen zu dürfen beziehungsweise keine sorgfältige Untersuchung mehr durchzuführen, ob es sich im Einzelfall tatsächlich um eine Geschlechtsdysphorie als Ursache für eine Transsexualität handelt oder vielleicht andere Aspekte wie ein verdrängte Homosexualität eher federführend sind.

Schutz-Gesetz nur für Schwule und Lesben?

Die Abgeordnete und ehemalige Innenministerin Suella Braverman plädierte dafür, dass bei der Diskussion um ein Konversionstherapieverbot auch ein Verbot der Transition für Minderjährige und Jugendliche eingeplant werden müsste. Sie sowie weite Teile des konservativen Flügels setzen sich zudem weiter vehement dafür ein, dass Trans-Menschen von einem angedachten gesetzlichen Verbot der Konversionstherapie ausgeklammert werden, sodass ausschließlich Schwule und Lesben damit geschützt werden würden. Braverman befürchtet, dass anderenfalls auch Eltern kriminalisiert werden könnten, wenn sie es ablehnen würden, dass ihr Kind eine Transition beginnt.

Hitzige Parlamentsdebatte ohne Ergebnisse

Die Parlamentsdebatte wurde nach und nach immer hitziger, die Labour-Abgeordnete Rosie Duffield erklärte so beispielsweise, dass inzwischen Lesben „unter Druck gesetzt werden, sich mit sogenannten ´Lesben mit einem Penis´, also Männern, zu treffen.“ Ein Konversationstherapieverbot inklusive Trans-Menschen würde Mütter und Väter zu Straftätern machen, wenn sie ihre Tochter davon abhalten wollten, sich „ihre Brüste als Teenager abzuschneiden.“

Befürworter des Gesetzesvorhabens für alle LGBTI*-Menschen wie die Labour-Abgeordnete Kate Osborne erklärte indes am Ende der Sitzung, die Parlamentsdebatte sei „ekelhaft“ gewesen. Und weiter: „Es ist ein Verrat an der LGBTI*-Community und den jungen Menschen, die weiterhin mit dieser abscheulichen, grausamen Praxis leben müssen. Ich werde weiter für ein vollständiges Verbot kämpfen.“ Sicher ist nach wie vor so nur eines – der Streit um die Konversionstherapie wird in Großbritannien weitergehen.

Auch Interessant

Sparkurs Berlin

Diversität besonders betroffen?

Berlin muss sparen - überproportional betroffen seien nun aber von den Einsparungen Diversitäts-Projekte, kritisieren Berliner Kulturanbieter.
Eklat beim Klimagipfel

Keine Frauenrechte wegen Homophobie

Eklat beim Klimagipfel: Der Vatikan verbündete sich offenbar mit homophoben Staaten, damit homosexuelle Frauen nicht geschützt werden.
Differenzen bei der Akzeptanz

Schweizer und die LGBTI*-Community

Mehr Zuspruch für Homo- und Bisexuelle, eher Ablehnung bei Trans- und nicht-binären Menschen - so die Ergebnisse einer neue Befragung der Schweizer.
Augen zu bei US-Hassverbrechen

Warum werden Theaterstücke zensiert?

Zensur an US-Schulen: Immer öfter wird offenbar versucht, das Theaterstück über den Mord an dem schwulen Studenten Matthew Shepard zu verhindern.
E-Zigaretten bei LGB

Trend bei Schwulen und Bisexuellen

Homo- und Bisexuelle in den USA greifen überdurchschnittlich oft zur E-Zigarette, warnen jetzt US-Experten. Die Frage ist, warum?
Rotstift bei Lambda Berlin

Queere Organisation schlägt Alarm

Das Jugendnetzwerk Lambda in Berlin schlägt Alarm: Die geplanten Kürzungen der Stadt bedrohen demnach die Existenz des Vereins für LGBTI*-Jugendliche.
Skandalfall P. Diddy

Neue Vergewaltigungsvorwürfe

Der Skandal um US-Rapper P.Diddy weitet sich aus, immer mehr Männer und Frauen berichten von äußerst brutalen Vergewaltigungen.