Mütter und Väter Streit innerhalb der LGBTI*-Community über Definitionsfrage
Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sorgt aktuell für heftige Diskussionen auch innerhalb der LGBTI*-Community – in zwei Fällen gab der Gerichtshof den Anträgen von zwei Trans-Menschen nicht recht. Im Kern geht es dabei um die Definitionsfrage, wenn eine Mutter eine Mutter und ein Vater ein Vater ist.
Was ist eine Mutter?
In der ersten Beschwerde hatte eine Trans-Frau aus Berlin eingefordert, als Mutter in die offiziellen Dokumente eingetragen zu werden – sie hatte mit männlichen Geschlechtsorganen das Kind gezeugt. Das Berliner Standesamt hatte der Trans-Frau bereits 2015 verwehrt, als Mutter in das Geburtenregister eingeschrieben zu werden. Die Begründung: Die Trans-Frau hat das Kind nicht geboren. Eine Mutter sei nur die Frau, die das Kind tatsächlich zur Welt gebracht hat. Der Europäische Gerichtshof schloss sich final nun der Begründung des Berliner Standesamtes an. Eine Mutter ist jene Person, die das Kind tatsächlich zur Welt bringt.
Was ist ein Vater?
In einem zweiten Fall ging es um einen Trans-Mann, der als Vater seines Kindes in die Geburtsurkunde eingetragen werden wollte, auch wenn er als Frau geboren wurde und das Kind selbst zur Welt gebracht hatte. Noch während der Schwangerschaft hatte der heutige Trans-Mann sein Geschlecht dabei offiziell gewechselt. Ein Berliner Amtsgericht hatte dazu entschieden, dass er als Mutter des Kindes einzutragen sei. Der Trans-Mann ging vor den Bundesgerichtshof, der die Beschwerde ablehnte, da die Mutter eines Kindes die Person sei, die das Kind geboren habe.
"Biologische Tatsachen"
Eine Änderung des Geschlechts einer Person habe dabei keinen Einfluss auf die Rechtsbeziehung zwischen dieser Person und ihren Kindern, so die Begründung. Die Verbindung zwischen der Fortpflanzungsfunktion und dem Geschlecht beruhe dabei unbestreitbar auf „biologischen Tatsachen.“ Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigte auch diese Einstellung und erklärte, dass es seitens der deutschen Behörden und Gerichte kein Fehlverhalten gegeben habe. Es handele sich auch nicht um eine schwerwiegende Diskriminierung, wie die Richter in Straßburg festhielten.
Trans-Verein spricht von „antiquiertem Familienbild“
Kritik kommt hingegen von Trans-Organisationen, beispielsweise dem Bundesverband Trans sowie dem klagenden Trans-Mann, die in einer gemeinsamen Verlautbarung von einem „antiquierten Familienbild“ sprachen. Ferner erklärte der Bundesverband, dass die Richter die Gefahren des sogenannten Deadnamings nicht anerkennen würden. Des Weiteren sprach der Verband auch von „struktureller Transfeindlichkeit“. Einige Frauenverbände hingegen begrüßten das Urteil.