Missbrauch in Niedersachsen Pastor soll Minderjährige systematisch missbraucht haben
Erneut wurden jetzt Fälle des sexuellen Missbrauchs in der Kirche publik – die zuständige Kommission erhebt dabei schwere Vorwürfe gegen die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover, die wie so oft in ähnlichen Fällen auch hier die Aufarbeitung nur sehr zögerlich angegangen sein soll.
Mehrfacher Missbrauch
Konkret handelt es sich dabei um den inzwischen verstorbenen Pastor Klaus Vollmer, der mindestens zwei Minderjährige sexuell mehrfach missbraucht haben soll. Der neue Bericht der Kommission hat dazu jetzt Details offengelegt. In mindestens fünf Fällen hält die vierköpfige Expertenrunde aus Juristen und Psychologen dabei Straftaten für erwiesen, wie Jurist Georg Gebhardt erklärte. Eines der Opfer waren zur Tatzeit erst 13 Jahre alt.
Besonders bedenklich ist dabei, dass sich noch zu Lebzeiten des beschuldigten Priesters einer der Jugendlichen an zwei andere Pastoren gewandt hatte – allerdings ohne irgendwelche Konsequenzen. Die beiden Geistlichen deckten ihren Kollegen oder schwiegen zumindest. Die Kommission schlägt daher jetzt Disziplinarmaßnahmen gegen die beiden Männer vor. Ein weiteres Disziplinarverfahren gegen eine „kirchenleitende Person“ läuft bereits – in diesem Fall hatte sich ein betroffener Minderjähriger an das Landeskirchenamt gewandt, doch auch hier wurde die Sachlage „nicht korrekt weitergeleitet“.
Sexuelle Kontakte zu Kindern und jungen Männern
Der 2011 verstorbene Pastor Vollmer hatte zu Lebzeiten viel Macht in der Landeskirche und leitete über Jahrzehnte eine geistliche Gemeinschaft in Niedersachsen. Laut dem Bericht nutzte er seine Stellung systematisch aus, um sexuelle Kontakte zu jungen Männern und Minderjährigen zu haben. Die Kommission dokumentierte Fälle mit elf volljährigen jungen Männern, gegenüber denen der Pastor übergriffig geworden sein soll.
Landesbischof Ralf Meister erklärte dazu: „Sexualisierte Gewalt, spirituelle Gewalt, Machtmissbrauch sind Teil unserer Landeskirche in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart.“ Meister bat inzwischen öffentlich um Entschuldigung und sprach des Weiteren von „strukturellem Versagen“ der Landeskirche. Nach Auffassung der Studie gab es in der Landeskirche in Hannover mindestens 190 Opfer von sexuellem Missbrauch, deutschlandweit wird inzwischen von über 2.200 Kindern und Jugendlichen ausgegangen. Die Rede ist zudem von über 1.200 möglichen Tätern in der evangelischen Kirche.