LSVD übt scharfe Kritik an Schwarzer Der LSVD kolportiert Nähe zwischen Schwarzer und der AfD
Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) kritisiert mit klaren Worten das neue Buch von Alice Schwarzer und Chantal Louis zum Thema Transsexualität. In der Streitschrift kommen nebst den beiden Autorinnen auch Ärzte, Psychologen, Eltern und trans-Personen zu Wort, die die Pläne der neuen Ampel-Regierung in Bezug auf ein Selbstbestimmungsgesetz sehr kritisch sehen. Der LSVD nennt das Buch von Herausgeberin Schwarzer dagegen „grundlegend falsch, gefährlich und unverantwortlich“.
In neun Punkten nimmt der LSVD Stellung zu den Aussagen, die im Buch getätigt werden. Zusammenfassend hält der LSVD dabei fest: „In letzter Konsequenz ist das Buch ein Plädoyer dafür, es trans-Menschen so schwer wie möglich zu machen, sie in die Unsichtbarkeit zu drängen und als Problem und ungleichwertig darzustellen. Das ist ein fataler trans-feindlicher Irrweg! Das Buch heizt eine Debatte weiter an, deren negative Auswirkungen trans-Menschen zu spüren bekommen.“
Schwarzer selbst legt im Buch dabei besonderen Wert darauf, dass sie sich bereits seit rund vierzig Jahren für die Gleichberechtigung der trans-Community einsetzt. Die Feministin will dabei nicht trans-Menschen als solche kritisieren, sondern möchte nach Eigenaussage eine Debatte über das neue Selbstbestimmungsgesetz anstoßen, dessen bisherigen Eckpunkte auch anderweitig für hitzige Diskussionen sorgen.
Zwei wesentliche Aspekte sind dabei von besonderer Bedeutung: So soll es bereits 14jährigen Kindern künftig ermöglicht werden, ihr Geschlecht via Sprech-Akt zu ändern. Zudem kritisieren Schwarzer und mehrere Fachleute im Buch, dass durch den zwingenden Wegfall von psychologischen Gutachten es künftig Minderjährigen freigestellt ist, ob sie vor der Personenstandänderung eine psychologische Beratung in Anspruch nehmen oder nicht. Während im Buch mehrere trans-Personen davon berichten, dass ihnen bereits heute nach sehr kurzen Gesprächen mit Therapeuten beispielsweise bereits Pubertätsblocker verschrieben worden waren, bekräftigt der LSVD, dass solche Hormontherapien nicht so schnell verabreicht werden würden.
Mit Blick auf geschlechtsangleichende Operationen schreibt der LSVD: „Es gibt medizinische Leitlinien. Operationen finden vor Vollendung des 18. Lebensjahres nur sehr selten statt. Trans-Personen müssen zudem in der Regel mehrere Jahre warten, bis die Kostenübernahme für geschlechtsangleichende Operationen genehmigt wird.“
Im Zuge weiterer geplanter Gesetzesänderungen am derzeit bereits aktuellen Verbot von Konversionstherapien wird im Buch ebenso die These aufgestellt, dass es Ärzten künftig untersagt sein könnte, Eigendiagnosen von Minderjährigen mit Bezug auf Transsexualität überhaupt noch zu hinterfragen. Der LSVD kontert, dass dem nicht so sei und trans-Personen oftmals bis heute nicht geglaubt werde, wenn sie über ihre Transsexualität berichten.
Einem weiteren Kritikpunkt, der auch von der FAZ in der letzten Woche angemerkt wurde, begegnet der LSVD so: Die starke Zunahme von trans-Diagnosen um das 4000-fache in den letzten Jahren begründet der LSVD mit der Aussage, dass zunehmende Akzeptanz in der Gesellschaft auch zu zunehmender Sichtbarkeit und zu einer größeren Anzahl von Outings führen würden.
Mit Blick auf die Aussage eines Psychologen im Buch, dass Kinder auch dazu gedrängt werden, sich vorschnell als trans zu outen, schreibt der LSVD weiter: „Das von ihr verbreitete Zitat erinnert uns an die Verführungsthese zu Homosexualität. Sie soll legitimieren, dass Kinder und Jugendliche möglichst nichts von Homosexualität erfahren sollen, weil sie sonst verwirrt und, Gott bewahre, noch selbst lesbisch oder schwul werden. Dass Schwarzer das nun auf Transgeschlechtlichkeit überträgt, macht fassungslos. Und ja, das muss man leider schon deutlich so sagen, dass Schwarzer hier Gedanken verbreitet, die sich unter der Warnung vor einer angeblichen „Frühsexualisierung“ im AfD-Programm wiederfindet.“
Ferner wird im Buch auf die These eingegangen, dass viele Jugendliche sich vorschnell als trans outen könnten, weil sie damit eigentlich ihrer Homosexualität ausweichen wollen. So würde beispielsweise aus einem lesbischen Mädchen schnell ein heterosexueller trans-Junge werden können. Der LSVD widerspricht auch dieser Aussage und verweist im weiteren Verlauf auf andere Länder, die bereits ähnliche Gesetze eingeführt hätten, ohne dass es zu schweren Folgen gekommen wäre. Das Selbstbestimmungsgesetz würde künftig nur der „gängelnden Fremdbestimmung und den demütigenden Begutachtungen ein Ende setzen.“
Abschließend fasst der LSVD für sich weiter zusammen: „Trans- Menschen und ihre Verbündeten kämpfen um Anerkennung und Akzeptanz. Sie fordern informierte, selbstbestimmte Entscheidungen. Schwarzer rutscht hier leider in eine Bevormundung. Es scheint, dass für sie Entscheidungen von Frauen und von anderen als Frauen sozialisierten Menschen nur dann selbstbestimmt sind, wenn sie diese nachvollziehen kann und selbst mit dem Prädikat selbstbestimmt absegnet.“