LGBTIQ+-freundliche Kirchen Bei europäischen Katholiken hat Deutschland die inklusivste Kirche
LGBTIQ+-Freundlichkeit und Kirche – passt das zusammen? Mitunter durchaus, wie die neue Studie des Rainbow Index of Churches in Europe (RICE) offenbart. Auch wenn einige Kirchen in puncto LGBTIQ+ positiv herausstechen, betont die ausführende Organisation European Forum of LGBTI+ Christian Groups, zugehörig der ILGA Europe, im Grundsatz auch: „In den letzten fünfzig Jahren hat Europa erhebliche Fortschritte bei der Anerkennung der Menschenrechte von LGBTI-Personen gemacht – ein Weg, der bis heute andauert. Dieser Fortschritt wird jedoch zunehmend durch wachsenden politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Widerstand in Frage gestellt.“
Wiener Kirche führt europaweit
Anhand einer Reihe von Kriterien wurden die Kirchen in Europa auf ihre Inklusivität von Homosexuellen und queeren Menschen eingestuft und bewertet – darunter fallen diverse Aspekte wie unter anderem auch die Einstellung der Kirche zu Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren. Bereits zum zweiten Mal nach 2021 wurde das Ranking erstellt.
Im Vergleich aller Kirchen in Europa landete die Metropolitan Community Church (MCC) in Wien auf dem ersten Platz, sie spricht seit Jahren explizit LGBTIQ+-Menschen direkt an. Auf den weiteren Plätzen folgen die Katholische Reformationskirche in Polen sowie die Metropolitan Community Church in Finnland gefolgt von der evangelischen Kirche in Schweden und der Alt-Katholischen Kirche in den Niederlanden. Auf dem sechsten Platz findet sich dann die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD).
Schweden on top, Schlusslicht Ukraine
Blickt man auf die großen Kirchen in Europa, zeigt sich folgendes Bild: Bei der evangelischen Kirche führt Schweden (93%) vor Deutschland (85%) und den Niederanden (77%). Generell niedrigere Zustimmungswerte bei der Akzeptanz und Inklusion von LGBTIQ+-Menschen fahren die römisch-katholischen Kirchen ein, hier liegt Deutschland aufgrund seiner Reformvorhaben der letzten Jahren mit 72 Prozent auf dem ersten Platz, dahinter folgen Belgien, England und Wales, Malta und die Schweiz. Am wenigsten Verständnis für Homosexuelle zeigt die orthodoxe Kirche, den Höchstwert von gerade einmal 37 Prozent erreichen noch die Glaubensbrüder aus Finnland. Am wenigsten mit LGBTIQ+ anfangen können die Presbyterianer in Irland (5,8%), die Katholiken in Polen (5,8%) und Slowenien (4,8%) und die Orthodoxe Kirche in Georgien (1,9%) sowie der Ukraine mit unter einem Prozent Zustimmung.
Deutscher Dialog zwischen Klerus und Gläubigen
Positiv vermerkt RICE insbesondere die Entwicklung der römisch-katholischen Kirche in Deutschland, die beim Thema LGBTIQ+ europaweit führend ist unter Katholiken. Insbesondere heben die Studienautoren dabei den Synodalen Weg und die damit verbundenen Reformprozesse hervor, dies habe zu einer „größeren Offenheit geführt und teilweise zu konkreten pastoralen Veränderungen“, die „im Gegensatz zu den offiziellen Lehren des römischen Lehramtes und dem Kodex des kanonischen Rechts stehen.“
Und weiter: „Diese Beobachtung ist bedeutsam: Sie unterstreicht die entscheidende Bedeutung eines nachhaltigen und inklusiven Dialogs zwischen der klerikalen Kirchenleitung und den Gläubigen. Ein solcher Dialog ist unerlässlich, um die Verfestigung von Lehrpositionen zu verhindern, die keinen Bezug zur gelebten Realität haben, und um sicherzustellen, dass die Identitäten und Erfahrungen der Gläubigen in die Entwicklung kirchlicher Dokumente und Entscheidungen einfließen.“
Entschuldigung in Norwegen
Passend zu den jüngsten Daten hat sich jetzt der Vorsitzende Bischof der evangelisch-lutherischen Volkskirche in Norwegen, Olav Fykse Tveit, bei der LGBTIQ+-Community entschuldigt. In den 1950er Jahren hat die Norwegische Kirche Homosexuelle als „globale soziale Gefahr“ und als „pervers und verachtenswert“ bezeichnet. Zudem erklärten die Geistlichen noch in den 1980er Jahren, dass die Aids-Epidemie eine „Strafe Gottes“ sei. Diese Formen von Diskriminierung, Ungleichbehandlung und Schikanierung von LGBTIQ+-Menschen hätten niemals passieren dürfen, so der Bischof vor dem Schwulenclub „London Pub“ in Oslo, der 2022 Ziel eines islamistischen Anschlags mit zwei Toten und neun Verletzten gewesen war.