LGBTI*-Rechte in der EU Nach der Europawahl könnten 40 Prozent der EU-Abgeordneten LGBTI*-feindlich sein!
Die europäische LGBTI*-Organisation Forbidden Colours hat heute ihren neuen Bericht „Queer your EU“ vorgestellt – darin untersuchte der Nonprofit-Verband, was die EU-Institutionen von 2019 bis 2024 für LGBTI*-Menschen tatsächlich getan haben. Nach der Analyse des Abstimmungsverhaltens der Mitglieder des EU-Parlaments stellte die NGO dabei fest: 27 Prozent von ihnen votieren stets gegen LGBTI*-Rechte. Nur knapp die Hälfte (57 %) der Abgeordneten haben sich dagegen immer klar für die Rechte von LGBTI*-Menschen eingesetzt.
Schlusslichter bleiben Ungarn und Polen
Wenig verwunderlich kommen die meisten Abgeordneten, die sich gegen mehr Gleichberechtigung für LGBTI* aussprechen, aus Rumänien, Italien, Ungarn und Polen. Die meisten Befürworter findet die Community indes in Irland, Luxemburg, Malta und Zypern. Deutschland befindet sich auf dem zehnten Platz der 27 EU-Länder, Österreich auf Platz 12. Auf der Grundlage ihrer Analyse fordert Forbidden Colours die EU-Institutionen jetzt auf, entschlossener zu handeln, um alle Bürger in der EU zu schützen.
Wie mächtig wird die Anti-LGBTI*-Lobby?
Zudem sollten auch alle EU-Bürger vor der anstehenden Europawahl prüfen, ob ihrer favorisierte Partei die Rechte von LGBTI*-Menschen unterstützt oder nicht. Alarmierend dabei: Entwickelt sich die Stimmvergabe im Juni so, wie es die aktuellen Prognosen vorhersagen, würden künftig rund 40 Prozent aller EU-Parlamentarier LGBTI*-Rechte ablehnen, aktuell sind es „nur“ 27 Prozent.
Dieser negative Trend macht der NGO dabei am meisten zu schaffen. In den letzten fünf Jahren hat Forbidden Colours einen „besorgniserregenden Trend“ in der Europäischen Union beobachtet, bei dem die LGBTI*-Communitys von illiberalen oder autokratischen Führern und Regierungen immer öfter instrumentalisiert und zum Sündenbock gemacht wurden: „Wir haben die Einführung von ´LGBT-freien Zonen´ in Polen erlebt. Wir haben die Verabschiedung eines Gesetzes gegen LGBT-Propaganda in Ungarn erlebt. Wir haben erlebt, wie Rumänien und Bulgarien sich weigerten, Regenbogenfamilien anzuerkennen, trotz der Urteile des Europäischen Gerichtshofs. Wir haben erlebt, wie Mütter in Italien ihr Recht auf Elternschaft verloren haben. Wir haben erlebt, dass Hassreden und Hassverbrechen zunehmen und dass Wellen von Desinformationen über die LGBTI*-Communitys die sozialen Medien überfluten“, so Exekutiv-Direktor Rémy Bonny von Forbidden Colours.
Die Kraft der EU-Kommission verpufft
Ähnlich wenig zufriedenstellend fällt der Blick auf die Europäische Kommission aus, diese habe zwar im Jahr 2020 mit der Annahme der LGBTI*-Gleichstellungsstrategie eine gewisse Führungsrolle übernommen, doch die Umsetzung der Strategie habe nur eine sehr begrenzte Wirkung gezeigt.
„Die von der Kommission vorgelegten Legislativvorschläge zu Hassreden und Hassverbrechen oder Elternschaft wurden im Rat der EU blockiert, da die erforderliche Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten nicht erreicht wurde. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission nur langsam gehandelt, um die Grundwerte der EU zu verteidigen, wenn diese von einigen Mitgliedstaaten verletzt wurden.“ Die Unmöglichkeit, im Rat Einstimmigkeit in Bezug auf die Verteidigung der Rechte von LGBTI*-Menschen zu erzielen, sei dabei zum größten Hindernis auf EU-Ebene geworden.
Blick auf die Parteien
Mit Blick auf die Parteienbündnisse zeigt sich, dass die großen Unterstützer der Community Abgeordnete von Renew Europe (die Liberalen), den Grünen, den Linken sowie den Sozialdemokraten sind. Kritisch je nach Fall votierten Mitglieder der Europäischen Konservativen, starke Ablehnung kam von den Reformisten sowie von der Gruppe „Identität und Demokratie“, zu denen unter anderem auf die AfD gehört.
„Im Juni 2024 können die EU-Wähler an den Europawahlen teilnehmen. Ihre Stimme ist entscheidend, um sicherzustellen, dass das Europäische Parlament die Grundrechte aller EU-Bürgerinnen und -Bürger voll unterstützt. Wir werden kämpfen, um sicherzustellen, dass die aktuellen Prognosen widerlegt werden“, so Bonny abschließend. Zudem fordert die NGO die EU dazu auf, endlich stärker ihre eigenen Grundwerte zu verteidigen.