LGBTI* in Georgien Der Menschenrechtskommissar des Europarats warnt vor Attacken auf LGBTI*-Organisationen
Das neue Gesetz in Georgien über die „ausländische Einflussnahme“ bei Unternehmen und Firmen sorgt seit der Verabschiedung letzte Woche weiter für Schlagzeilen. Jetzt hat sich auch Europas oberster Menschenrechtsbeobachter eingeschaltet – er befürchtet, zu den ersten Opfern des neuen Gesetzes könnten LGBTI*-Menschen werden.
Keine Kritik an der Regierung
Zum Hintergrund: Die Regierungspartei Georgischer Traum hat letzte Woche das neue Gesetz im Parlament verabschiedet. Organisationen und Medien, die zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, müssen sich künftig als „Vertreter von Interessen ausländischer Mächte“ offiziell zu erkennen geben – inklusive möglicher weitrechender Sanktionen. Die Richtlinien gleichen jenen in Russland, die es seit 2012 den Behörden dort erlauben, gegen regierungskritische Medien und Unternehmen vorzugehen.
Verstoß gegen EU-Menschenrechtskonventionen
Inzwischen schaltete sich die Venedig-Kommission des Europarats ein und betonte, das neue Gesetz schränke die Meinungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf Privatsphäre ein und sei mit den Grundsätzen der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht in Einklang zu bringen. Man „empfehle Georgien nachdrücklich“, das Gesetz rückgängig zu machen. Die Venedig-Kommission berät den Europarat in Verfassungsfragen.
Im Land selbst kam es in den letzten Tagen in der Hauptstadt Tbilissi immer wieder zu Demonstrationen von tausenden Menschen, die den Rücktritt der Regierung forderten. Die Regierung ging dabei mehrfach gewaltsam dagegen vor und hat zahlreiche Personen festgenommen.
Ein dringendes Problem für LGBTI*
Michael O'Flaherty, der neue Menschenrechtskommissar beim Europarat, erklärte zudem jetzt gegenüber Context, dass LGBTI*-Organisationen im Land sowie auch LGBTI*-Menschen selbst zu den Ersten gehören könnten, die in Georgien bald ins Visier genommen werden. Die Angst sei in der Community sehr groß: „Die LGBTI*-Community sagt uns, dass sie die ersten Opfer der Gesetze zur Auslandsfinanzierung sein werden. Solche Gesetze sind ein sehr unmittelbares und dringendes Problem für LGBTI*-Gruppen.“ Europa zeige sich dabei in Bezug auf LGBTI*-Rechte immer mehr polarisiert, während die Angriffe auf die Community an Quantität und Radikalität immer weiter zunehmen. Zuletzt offenbarte das auch die neue Studie der EU Grundrechteagentur.
Mariam Kvaratskhelia, Ko-Direktorin von Tbilissi Pride, bekräftigte ebenso, dass die LGBTI*-Community als erstes angegriffen werden wird, allen voran auch der eigene Verein, der nicht nur den Pride in der Hauptstadt organisiert, sondern sich auch aktiv für LGBTI*-Rechte im Land einsetzt: „Die Dinge entwickeln sich so schnell, es ist wie ein Krieg der Nerven und Emotionen!“