LGBTI* für sechste Klassen? Soll eine Geschlechtsumwandlung ein Schulthema für Zwölfjährige sein?
Ein Arbeitsblatt für Schüler von sechsten Klassen sorgt derzeit für immer mehr mediale Aufregung. Nachdem zunächst die WELT darüber berichtet hatte, wanderte das schulische Arbeitsblatt zum Thema sexuelle Geschlechtsvielfalt, geschlechtliche Identitäten und sexuelle Orientierungen inzwischen immer mehr durch die Presse. Gedacht für Schüler der sechsten Klasse wird darin sehr freizügig über LGBTI*-Themen gesprochen – exemplarisch findet dieser Unterricht offenbar am Hildegard-von-Bingen-Gymnasium in Köln-Sülz statt, vermutlich aber darüber hinaus in weiteren Schulen. Am Gymnasium selbst sollen bisher über 300 Protestbriefe deswegen eingegangen sein.
Geschlechtsumwandlung als Schulstoff?
Die Aussagen ähnlichen sich dabei: Für Kinder im Alter von 11 bis 12 Jahren vor der Pubertät sei es zu früh, sich im Biologie-Unterricht mit Themen wie einer Geschlechtsumwandlung zu befassen – noch dazu, so die Kritiker, unkritisch und einseitig positiv dargestellt. Exemplarisch festgemacht an Aufgabensätzen wie: “Zeynep fühlt sich im falschen Körper geboren. Sie*Er möchte sich so rasch wie möglich operieren lassen, um endlich als Mann leben zu können.“ An anderer Stelle steht: "Seit Paul denken kann, fühlt sie*er sich als Frau. Ob sie*er ihr*sein biologisches Geschlecht operativ anpassen lässt, weiß sie*er noch nicht". In den dazugehörigen Arbeitsblättern sollen die Schüler dann zum Beispiel auch einordnen, was homosexuell, heterosexuell, bisexuell, asexuell, demi- oder auch pansexuell ist.
“Fataler“ Unterricht ohne Differenzierung?
Im Interview mit der WELT erklärt Autor und Transmann Till Randolph Amelung, dass nicht jedes “Problem mit dem körperlichen oder sozialen Geschlecht automatisch trans“ sei. Weiter erklärte der Autor: „Diese Umsicht, diese Differenzierung geht hier völlig verloren und das halte ich für fatal.“ Kritik kommt nach Aussage der BILD auch von zahlreichen Eltern, da eine Geschlechtsumwandlung als unkomplizierte Operation und Selbstverständlichkeit dargestellt werden würde. Zudem werde offenbar nicht auf Risiken oder Folgen hingewiesen und das Geschlecht als “rein soziales Konstrukt“ beschrieben.
Unpädagogisch laut Lehrerverbandspräsident
Eine Mutter erklärte gegenüber der Zeitung, einem Kind, das sich mit dieser Sexualisierung nicht wohlfühlt, könne dadurch vermittelt werden, dass „sein Körper falsch sei und operativ angepasst gehört". Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands Heinz-Peter Meidinger nannte die Konfrontation mit dem Thema gegenüber der Zeitung "unsensibel" und "unpädagogisch". Ebenso kritisiert wird, dass die Arbeitsblätter anscheinend von der Tampon-Marke “Always“ zur Verfügung gestellt worden sein sollen, die damit finanzielle Interessen verfolgen würde – aktuell ist die Angebotsseite offline.
Schulministerium verweist auf Lehrplan
Auf die Nachfrage der WELT erklärte das nordrhein-westfälische Schulministerium, dass für die Unterrichtsmaterialien die Lehrer verantwortlich seien, “vielfältige geschlechterbezogene Biografien" aber tatsächlich in der Schule behandelt werden sollen. Die Schule wiederum bestätigte, dass das Thema sowie auch der Unterrichtsinhalt konform zum Lehrplan seien. Bei Fragen seitens der Eltern könnten sich diese vertrauensvoll an die Fachlehrer wenden. Die Schule selbst legt Wert darauf, eine Schule der Vielfalt frei von Homophobie zu sein. Kritiker bemängeln, dass die Lehrpläne zwar grundsätzlich Sexualerziehung über Hetero- oder Homosexualität vorsehen würden, keinesfalls aber über Geschlechtsumwandlungen in sechsten Klassen.
Zuletzt im Oktober 2022 war es bereits zu einem ähnlichen Aufreger mit Blick auf das Regenbogenportal des Bundesfamilienministeriums gekommen. Mehrfach soll dort online eine Transition oder die Einnahme von Pubertätsblockern verharmlost worden sein. Das Bundesministerium änderte schlussendlich auf politischen Druck hin das Informationsportal und entschuldigte sich eher halbherzig dafür.