LGBTI*-feindliche Stiftung AfD-nahe Stiftung mit der queerfeindlichen Erika Steinbach an der Spitze will Bildung mitgestalten
Es ist ein Politikum, das derzeit in Berlin einmal mehr die Runde macht – Ausgang ungewiss.
Bisher war es relativ einfach: Jede Partei, die zum zweiten Mal in Folge in den Deutschen Bundestag einzog, konnte eine parteinahe Stiftung mit Steuergeldern unterstützen oder größtenteils ganz finanzieren. Es wurde dabei zur Tradition, dass sich die jeweiligen Stiftungen prominente Namensgeber aussuchten: Konrad Adenauer für die CDU, Friedrich Ebert für die SPD, Heinrich Böll für die Grünen oder auch Rosa Luxemburg für die Linken.
Dabei fließen aus verschiedenen Ressorts und Ministerien Gelder in die jeweiligen Stiftungen, insgesamt ein Betrag von jährlich rund einer halben Milliarde Euro. Mit dem Geld betreiben die jeweiligen Stiftungen politische Forschungs- und Bildungsarbeit.
Soweit so schön. Nun ist allerdings die AfD im Herbst 2021 ebenso zum zweiten Mal in den Bundestag eingezogen und möchte für ihre Desiderius-Erasmus-Stiftung auch ein Stück vom Kuchen abhaben.
Dabei ist die AfD zuversichtlich, dass sie ein Anrecht auf staatliche Fördergelder hat und stützt sich dabei auf einen Entschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1986 – dieser sieht vor, dass alle „dauerhaft ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen“ bei der Fördervergabe angemessen berücksichtigt werden.
Sollte es dazu kommen, befürchten Kritiker, dass mit Steuergeldern künftig eine Stiftung finanziert wird, die damit im Sinne der AfD politische Bildung mit Blick auf rechtsradikale Gedanken fördert.
So könnten mit den Geldern auch Studien finanziert werden, die neben ausländerfeindlichen Thesen auch das Bild von der queeren Community bewusst negativ darstellen. Um im Sprachduktus der Partei zu bleiben, könnte die Desiderius-Erasmus-Stiftung also massiv auch gegen „Gender-Gaga“ und LGBTI*-Projekte wie beispielsweise die rechtliche Förderung der Lebensrealität von trans-Personen vorgehen.
Die Ängste sind nicht unbegründet, denn die Vorsitzende der Stiftung, Erika Steinbach, ist in den letzten Jahren immer wieder mit extrem homophoben Äußerungen negativ aufgefallen. Steinbach war seit 1990 Mitglied der CDU, trat schließlich aber aus der Partei aus und ist seit 2018 Mitglied der AfD.
Immer wieder verglich sie beispielsweise die rechtliche Gleichbehandlung von Homosexuellen in puncto Ehe mit Kindesmissbrauch. Als 2017 die Ehe für alle beschlossen wurde, twitterte sie, dass dies auch die Hintertür für Interessen von Pädophilen öffnen werde.
Auch diverse Organisationen und Menschenrechtsvereine schlagen in diesen Tagen Alarm und wollen versuchen, zu verhindern, dass Millionen an Steuergelder an die AfD-nahe Stiftung fließen.
Darunter sind Gewerkschaften, Kirchen, Pro Asyl, die Bildungsstätte Anne Frank, der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Amadeu-Antonio-Stiftung, die ein Manifest für die Zivilgesellschaft und die politische Bildung veröffentlicht hat. Darin heißt es unter anderem:
„Die Erasmus-Stiftung treibt die gesellschaftliche Spaltung weiter voran, während die Aktivitäten der Stiftung darauf abzielen, das demokratische Fundament unserer politischen Ordnung zu zerstören. Als zivilgesellschaftliche Organisationen und Träger der politischen Bildung verfolgen wir diese Entwicklungen mit größter Sorge. Wir werden diesem Angriff auf die Demokratie nicht tatenlos zusehen.“
Auch der Politikwissenschaftler der Freien Universität Berlin, Antonios Souris, äußerte gegenüber der Deutschen Welle seine Bedenken.
Es gäbe laut Souris seit langem Versuche der sogenannten Neuen Rechten, "ihre Positionen intellektuell zu unterfüttern und den Diskurs in die von ihr gewünschte Richtung zu verschieben. Zentrale Organisationen dieses Netzwerks werden vom Verfassungsschutz als rechtsextreme Verdachtsfälle oder als gesichert rechtsextrem eingestuft."
So einfach wird die Ampelkoalition die Sache allerdings nicht vom Tisch wischen können, denn es gibt bisher keine gesetzliche einheitliche Regelung, wer wann wie viel Fördergelder bekommen darf.
Am Ende entscheidet der Bundestag über Höhe und Verteilung der Fördergelder. Inzwischen haben sowohl die Desiderius-Erasmus-Stiftung als auch die AfD Klage gegen diese Vergabepraxis eingelegt. Schlussendlich könnte der Fall beim Bundesverfassungsgericht landen.